Die Karriere des Opel GT beginnt genau genommen nicht vor 50, sondern vor 53 Jahren – mit einem Paukenschlag: Auf der IAA 1965 in Frankfurt präsentiert Opel einen zweisitzigen Sportwagen, der mit seiner aufregenden Karosserielinie, dem flachen Bug mit Klappscheinwerfern, bauchigen Kotflügeln und scharfer Abrisskante am Heck die Vorstellungskraft europäischen Automobildesigns sprengt. Vielmehr erinnert sein Äusseres an die stark taillierte Form der klassischen Coca Cola-Flasche, deshalb auch „Coke Bottle Shape“ genannt. Entsprechend weisen die Verantwortlichen den „Experimental-GT“ – das erste Konzeptfahrzeug eines deutschen Herstellers – zunächst als einzelne Hochleistungsstudie aus. Entworfen haben das aussergewöhnliche Fahrzeug die Designer um Erhard Schnell im nigelnagelneuen Rüsselsheimer „Styling-Studio“ – dem ebenfalls ersten Designcenter eines Automobilherstellers in Europa.
Erhard Schnell erinnert sich, wie geheim die Entwicklung des Experimental GT war: „Am Anfang war sie ein Alleingang von uns im Styling. Mein Chef hatte den Vorstand nicht eingeweiht. Als die Studie dann fast fertig war und auf der IAA gezeigt werden konnte, kam er aber nicht drum herum, seine Vorgesetzten zu informieren. Wir hatten wirklich grosse Bedenken, als der Experimental GT zum ersten Mal intern vorgeführt wurde. Uns ist dann ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, als die hohen Herren spontan applaudiert haben und völlig hingerissen waren.“
Und sie damit genau das richtige Gespür beweisen. Denn das Publikums- und Medienecho auf der IAA kurz darauf ist überwältigend: Niemals hätte man von Opel einen derart extravaganten Sportwagen erwartet. Von dem mutigen Design sind Presse und Besucher mehr als beeindruckt. Und so kommt es, dass sechs Jahre nach den ersten Designskizzen und nur drei Jahre nach der Initialzündung auf der IAA der GT-Prototyp in Rekordzeit zum Serienauto reift.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit für ein grenzenloses Traumauto
1968 rollt der erste Opel GT vom Band, zuvor auf Herz und Nieren geprüft im neuen Opel-Testzentrum Dudenhofen. Das Sportcoupé ist schon damals das Ergebnis einer deutsch-französischen Zusammenarbeit und somit ein echter Europäer: Die französischen Karosseriebauer Chausson und Brissoneau & Lotz, bei Opel aufgrund vorangegangener Projekte wohlbekannt, übernehmen die Press- und Schweissarbeiten der Blechteile sowie Lackierung und Innenausstattung, in Deutschland findet die Montage von Fahrwerk und Motor statt.
Für die GT-Kunden stehen zwei Triebwerke zur Wahl: Ein aus der Kadett-Familie bekannter 1,1-Liter-Vierzylinder mit 60 PS und ein 90 PS starkes 1,9-Liter-Aggregat aus der Rekord-Baureihe. Von Anfang an besonders gefragt ist der GT 1900: Bei 185 km/h Spitze und einer Beschleunigung von null auf Tempo 100 in 11,5 Sekunden schlagen die Herzen sportlicher Autofahrer höher. Serienmässig gelangt die Motorkraft über ein manuelles Viergang-Getriebe zur Hinterachse. Die optionale Dreigang-Automatik wird von den europäischen Kunden äusserst selten gefordert, dafür erfreut sie sich in Übersee umso grösserer Beliebtheit.
Nichtsdestoweniger begeistert der Serien-GT bis zu seinem Produktionsende 1973 die Kunden: Seine starke Leistung, das unvergleichliche Design und der attraktive Einstiegspreis von nur 10‘767 Mark machen den Sportwagen zum Renner in der Käufergunst, der alle Erwartungen übertrifft. In nur fünf Produktionsjahren erreicht er eine Gesamtauflage von 103‘463 Einheiten.
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