Der Einsatz der "Silver-Liner" beim Bau des Supersportwagens kommt nicht von ungefähr. Ein Arbeitstakt in der R8-Montage dauert wesentlich länger als in der Grossserienfertigung, wie beim A6 beispielsweise. Die langen Taktzeiten bieten die Möglichkeit zu sehr vielfältigen Bewegungsabläufen, erläutert Audi-Personalvorstand Dr. Werner Widuckel. Das sei das genaue Gegenteil zur Fertigung in kurzen Arbeitstakten, wo oft mehrere hundert Male täglich der gleiche Handgriff ausgeführt werden müsse. Jürgen Nölte ist seit 1969 bei Audi, kommt aus der A6-Fertigung und weiss aus eigener Erfahrung, dass man pro Schicht 250- bis 300mal die gleichen Bewegungen macht - eben bei jedem Fahrzeug, das in dieser Schicht produziert wird. Beim R8 geht es um etwa zehn Autos pro Schicht und um bis zu 50 verschiedene Teile. Die Karosserien hängen in höhenverstellbaren Gestellen, die sich etwa alle 45 Minuten ein paar Meter weiter bewegen. Ob der halbfertige R8 knietief oder in Kopfhöhe schwebt, hängt davon ab, ob gerade Scheibenwischer oder Bremsen montiert werden: "Die Arbeit soll in möglichst natürlicher Haltung ablaufen können", erklärt Dr. Ulrich Eritt, der bei der Quattro GmbH die Produktion des R8 verantwortet. Bewusst personalpolitisch in die Altersstruktur der Mannschaft in der R8 Montage einzuwirken, war nur durch das Zusammenspiel aller beteiligten Geschäftsbereiche möglich. Der Betriebsratsvorsitzende in Neckarsulm, Norbert Rank, hat sich eingehend mit der SilverLine beschäftigt und das Projekt unterstützt: "Lebensbegleitendes Lernen ist bei Audi keine leere Worthülse. Die über lange Jahre gewonnenen Erfahrungen und Qualifikationen bringen unsere Kolleginnen und Kollegen im Projekt Silver-Line überaus positiv zum Einsatz". Thomas Helter (46) arbeitet seit 21 Jahren bei Audi am Band und hat sich aktiv für die R8-Fertigung beworben: "Ich hab’ mir gesagt, du machst jetzt so lange schon das Gleiche, du brauchst eine Herausforderung". Heute montiert er Ölkühler, Sicherheitsgurte und Cockpitmodule am ersten Mittelmotorsportwagen von Audi. Auch wenn in der Produktionshalle alles sehr ruhig zugeht: Hier wird genauso hart gearbeitet wie in jeder anderen Montagelinie bei Audi. Jürgen Nölte erzählt: "Ein paar Leute, junge wie ältere, wollten wieder zurück in die normale Montage. Für sie war’s ein richtiger Stress, die 40 bis 50 Teile in eigener Verantwortung nach einer festen Reihenfolge einzubauen, und das mit bis zu zwölf Werkzeugen." Kurze Arbeitstakte wie in der Grossserienfertigung geben den Arbeitsrhythmus von aussen vor. Lange Takte erfordern die Fähigkeit, das eigene Arbeitstempo genau einzuschätzen.
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