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Freitag, 1. April 2022 Lotus Eletre: Der Spagat

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Lotus Eletre.  Foto: Autoren-Union Mobilität/LotusLotus Eletre. Foto: Autoren-Union Mobilität/Lotus

Der Auftritt war very british. Der neue Lotus reiste zur Premiere in einem beleuchteten Container über die Themse vorbei an der beleuchteten Tower Bridge und dem illuminierten, 135 Meter hohen Riesenrad. Ins BBC-Studio fuhr das erste Lotus-SUV dann kein Geringerer als Jenson Button. Der Formel 1-Weltmeister von 2009 machte dann auch sofort klar: „Ich liebe Sportwagen. Aber ich bin mittlerweile ein Familienmensch.“

Der Eletre dürfte ihn nicht enttäuschen. Schließlich soll das neue SUV seine 2,2 Tonnen in 2,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen. Und dieser Vortrieb soll erst bei Tempo 260 elektronisch abgeregelt werden. Trotzdem: Ein über fünf Meter langes SUV, wie passt das zu einer Traditionsmarke, die bislang eher für leichtgewichtige, puristische Sportwagen stand? CEO Matt Windle erklärt mit einem Seitenblick auf Porsche, wo neben dem 911 ja auch ein Cayenne im Showroom steht.

 

Dafür bekommt der neue Lotus das Modernste, was es Fahrwerkstechnik zu bieten gibt. Dazu zählen die Luftfederung mit aktiver Höhenverstellung, die Wankstabilisierung, aktive Stabilisatoren, die Fünf-Lenker-Hinterachse und die aktive Hinterachslenkung.

Der Eletre will aber nicht allein mit seinem Fahrwerk punkten. Er will schon auf den ersten Blick beindrucken. Dazu zählt vor allem die Frontpartie. Von der Seite betrachtet sieht sie aus wie ein aufgerissenes Haifischmaul. Überraschend sind auch die Proportionen. Die Überhänge vorn und hinten sind ausgesprochen kurz. Die Seitenlinie ist weit hochgezogen und die 23 Zoll großen Räder passen zur dynamischen Linie.

Lotus-Designchef Peter Holbury: „Die Modernität macht auch beim Auto nicht halt. Vergleichen Sie alte Dampf-Lokomotiven mit heutigen Schnellzügen. Oder Flugzeuge. Die hatten auch früher die Motoren vorn, heute sind sie seitlich und hinten. Damit hat sich die Fronpartie total verändert. Das Gleiche erleben wir jetzt beim Auto. Glücklicherweise müssen wir keinen großen Achtzylinder oder gar einen Zwölfzylinder im Bug unterbringen. Mit dem Elektroantrieb haben wir ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten und gewinnen mehr Platz für den Innenraum.“

Die Aerodynamik beeinflusst das Design maßgeblich. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Kühlung der Batterie, sondern um Effizienz. SUV haben in der Regel große Stirnflächen, an denen sich der Fahrtwind abarbeitet. Deshalb wird die Luft bei Lotus nicht nur elegant an der Oberfläche der Karosserie entlanggeleitet, sondern durch sie hindurch. In Kanälen strömt die Luft durchs Auto. Der geringere Luftwiderstand ermöglicht bei einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h eine Reichweite von circa 600 Kilometern.

Und der neue Lotus soll nicht nur schnell, sondern auch sicher fahren. Deshalb haben ihm seine Entwickler ein hochmodernes Lidar-System spendiert. Die Sensoren in der Frontscheibe, in den beiden vorderen Kotflügeln und in der Heckscheibe garantieren in Kombination mit den Heckkameras in den beiden Außenspiegeln eine 360-Grad-Rundumsicht und sind bereits für das autonome Fahren auf Level 4 ausgelegt. Der Eletre hat dafür die Hardware an Bord.

Mit den puristischen Fahrmaschinen der Vergangenheit hat der Eletre nicht mehr viel gemein. Er soll auch eine Transformation einleiten. Und zu dieser Strategie zählt auch der 800-Volt-Elektroantrieb. Das schwere Batteriepaket der Elektric-Premium-Archtitectur (EPA) wurde sehr tief im Unterboden platziert. „Mit dem tiefliegenden Schwerpunkt haben wir beim BEV gegenüber einem SUV mit Verbrennungsmotor, wo der Schwerpunkt höher liegt, eine gar nicht so ungünstige Lage, was die Fahrdynamik betrifft“, erklärt Flavio Friesen, im neuen Lotus-Entwicklungszentrum in Raunheim bei Frankfurt zuständig für Chassis, Fahrwerk und Fahrverhalten. Der Eletre bekommt seinen Feinschliff auf dem Nürburgring. Friesen: „Wir werden eine Fahrstabilität und ein Fahrerlebnis anbieten, das sich sehr sportlich anfühlt und viel Spaß macht.“

Dies ist bei weitem nicht die einzige Herausforderung, der man sich in Raunheim stellt. „Es ist sehr einfach, Elektromotoren mit hoher Spitzenleistung zu bauen, aber die Herausforderung ist die Dauerleistung“, erklärt Christian Kunstmann, Senior Chefingenieur Elektrische Antriebssysteme und Thermische Integration. „Elektrische Antriebe haben thermische Grenzen. Das Thermomanagement ist der Schlüssel um wiederholbare Leistung zu gewährleisten. Wenn sich die Batterie und die Motoren erhitzen, haben wir bei hohen Temperaturen einen Leistungsverlust.“

Der Eletre soll sich dank Allradantrieb aber nicht allein flink auf der Rennstrecke bewegen, sondern eine Transformation der englischen Traditionsmarke einleiten. Die Produktion des SUV startet Ende 2022. Der Verkauf soll Anfang 2023 beginnen. Im Jahr darauf wird eine elektrische Limousine vorgestellt. Danach folgt ein kleines E-SUV und schließlich elektrische Sportwagen. (Bernd Ostmann, cen)

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