Die Karosserie des 300 SL folgt vor allem einem Gesetz: einen möglichst geringen Windwiderstand zu bieten. Daraus resultiert fast zwangsläufig die schnörkellose und zweckgebundene Form, die sich heute noch als frisch und attraktiv präsentiert. Der ganze Wagen wirkt wie aus einem Guss, wohl proportioniert – und sehr sportlich, stets auf dem Sprung nach ganz vorn. Das Auto ist ein Publikums-Magnet, nicht zuletzt wegen seiner Flügeltüren. Sie sind Dreh- und Angelpunkt des Designs, dabei aber kein marktschreierischer Gag, sondern sie haben eine zwingende, konstruktiv bedingte Ursache. Denn die Aluminiumhaut des 300 SL bedeckt einen Rohrrahmen, der an den Fahrzeugflanken zum Vorteil der Stabilität weit nach oben reicht – herkömmliche Türen kann man nicht unterbringen. So ersinnt man den Einstieg von oben. Im englischsprachigen Raum bekommt der 300 SL wegen seiner wunderschön ausgebreiteten Flügeltüren den Beinamen Gullwing. Die Eleganz der Seitenansicht wird nicht von einem Türgriff gestört – ein dezenter Stab lässt sich aus der Karosserie schwenken, entriegelt das Schloss und lässt die von einer Teleskopfeder unterstützte Tür nach oben schwenken. Der Gitterrohrrahmen – übrigens von Rudolf Uhlenhaut konstruiert – vereint höchste Stabilität mit geringem Gewicht. Sehr dünne Rohre werden zu lauter Dreiecken zusammengesetzt, der fertige Rahmen ist extrem verwindungssteif und wird nur auf Druck und Zug beansprucht. Im Serien-SL wiegt der Rahmen gerade mal 82 Kilogramm und das gesamte fahrfertige Auto inklusive Reserverad, Werkzeug und Treibstoff 1295 Kilogramm. Die Karosserie des 300 SL wird zum größten Teil aus hochwertigem Stahlblech hergestellt, die Motorhaube, die Kofferraumklappe, die Schweller- und Türhaut jedoch aus Aluminium. Auf Wunsch und gegen einen verhältnismässig geringen Aufpreis besteht die gesamte Karosserie aus Leichtmetall, was das Auto um 80 Kilogramm leichter macht. Doch diese Option gönnen sich nur 29 SL-Kunden – heute sind diese Autos sehr begehrt. Die Technik des 300 SL basiert zum Teil auf der Limousine Mercedes-Benz Typ 300 (W 186 II), ein Auto, das gern von Staatsoberhäuptern und Industriellen gefahren wird und als "Adenauer-Mercedes" bekannt ist. Der Sechszylinder-Motor wird stark modifiziert und erhält unter anderem statt Vergaser eine Benzin-Direkteinspritzung, zur damaligen Zeit und noch lange danach ein technisches Schmankerl. Am Ende steht eine Leistung von 158 kW (215 PS). Damit erreicht der 300 SL je nach Hinterradübersetzung bis zu 260 km/h. Fünf unterschiedliche Übersetzungen sind erhältlich: Serienausstattung ist 1:3,64, die vor allem auf hohe Beschleunigung abgestimmt ist und 235 km/h ermöglicht. Eine noch bessere Beschleunigung bieten 1:3,89 und 1:4,11. Die Übersetzung 1:3,42 bietet eine höhere Endgeschwindigkeit, die noch einmal auf 260 km/h gesteigert wird mit der dritten Übersetzung von 1:3,25. Diese jedoch "verringert sehr die Beschleunigung, so dass der Wagen im Grossstadtverkehr nicht mehr so gut zu fahren ist", heisst es in der Verkäufer-Information. In 10 Sekunden sind 100 km/h erreicht. Den Verbrauch ermittelten zeitgenössische Autotester mit durchschnittlich rund 15 Liter Benzin. Im Heck ist ein 100-Liter-Tank untergebracht, der gegen Aufpreis auf bis zu 130 Liter erweitert wird. Damit der Motor im flachen Auto überhaupt untergebracht werden kann, wird er um 45 Grad nach links geneigt. Jedoch nimmt das Aggregat dem Beifahrer etwas Fußraum weg. Der Schwerpunkt liegt fast genau in der Fahrzeug-Mitte, was eine gute Voraussetzung für exakt und schnell gefahrene Kurven ist. Das Fahrwerk entspricht im Wesentlichen dem der Limousine des Typs 300a, ist aber sportlicher abgestimmt. Die zunächst verwendeten Trommelbremsen sind auf die Sportwagen-Leistung ausgelegt. Erst viel später, 1961 als Roadster, erhält der 300 SL rundum Scheibenbremsen. Insgesamt werden 1400 Flügeltürer gebaut. Der grösste Teil, etwa 1100 Stück, gelangen in die USA.
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