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Samstag, 27. Februar 2010 Mercedes: Rasante Nachfrage nach den rasanten Wagen

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Gordon-Bennett-Rennen, 1903. Der Sieger Camille Jenatzy mit dem 60-PS Mercedes-Simplex-Rennwagen.Gordon-Bennett-Rennen, 1903. Der Sieger Camille Jenatzy mit dem 60-PS Mercedes-Simplex-Rennwagen.

So wie Motorleistung und Geschwindigkeiten zulegen, wachsen auch Produktion und Absatz. Von der verbesserten Baureihe des Mercedes-Simplex werden 1903 schon 232, im Jahr darauf 698 und 1905 sogar 863 Autos gefertigt. Dank der Erfolge auf den Rennstrecken ist die Produktion bis 1904 ausverkauft. 1904 erzielt Emil Jellinek mit 24 Bestellungen aus Belgien, 12 aus Holland und 150 aus England einen neuen Verkaufsrekord für Mercedes. Rund hundert Jahre später, im Jahr 2001, sagt Jürgen Hubbert, damaliges Vorstandsmitglied des Unternehmens, über den Mercedes-Simplex, er sei der „Stammvater“ der Marke Mercedes, ohne den alle darauf folgenden Automobil-Generationen „sicher nicht möglich gewesen“ wären.

 

Nach den Erfolgen der Mercedes-Wagen piesackt Jellinek die Unternehmensführung mit ständigen Verbesserungsvorschlägen und Reklamationen – das Unternehmen soll sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern die glanzvollen Wagen noch besser machen. „Ich übernehme von nun an keinen einzigen Wagen mehr, dessen Zahngetriebe nicht vollkommen geräuschlos ist“, schreibt er beispielsweise am
25. August 1904. „Es ist effectiv festgestellt, dass Zahngetriebe der DMG derzeit die lärmendsten unter allen Fabrikaten sind, und dass sogar Wagen viel minderer Klasse ruhiger gehen, wie die unsrigen.“ Das Verhältnis zwischen Jellinek und der Unternehmensführung in Cannstatt ist entsprechend angespannt: „Mein Vater verträgt sich zur Not mit Vischer, er duldet so gut es geht Duttenhofer, aber Lorenz mag er gar nicht“, schreibt Guy Jellinek-Mercedes in der Biografie über seinen Vater.
Seine zahllosen Ideen notiert der Autovisionär im Übrigen gerne auf den weißen Manschetten seiner Hemden: „Er wechselte daher dreimal täglich seine Hemden, danach wurden die Notizen von seinem Sekretär auf Papier übertragen und an den Mercedes-Ingenieur Wilhelm Maybach geschickt“, erinnert sich Tochter Andrée Jellinek-Mercedes. „Der hat Vaters Ideen dann umgesetzt.“ Außerdem ist ihm die Briefpost offenbar auch zu langsam, er telegrafiert lieber – und hält damit seine ganze Familie und seine Hausangestellten auf Trab.
Der Ton seiner Verbesserungsvorschläge und Reklamationen wird im Laufe der Jahre immer rüder. Schon früh sind die DMG-Vorstandsmitglieder gekränkt und wollen für die weiter verbesserten Wagen ab 1902 wieder „Daimler“ als Markenbezeichnung einführen, denn: „Wir hielten dies […] auch in Ihrem Interesse, namentlich mit Rücksicht auf die vielen Reklamationen, welche Sie über die Mercedes-Type schon erhoben haben“, heißt es in einem Brief des Vorstands. Doch letztlich einigt man sich darauf, dass der nun weithin bekannte Markenname beibehalten und fortan in aller Welt verwendet wird: 1902 heißen alle Personenwagen aus dem Hause Daimler Mercedes, die Wortmarke wird am 23. Juni 1902 geschützt.
Als am 10. Juni 1903 ein großer Teil der Daimler-Fabrik in Cannstatt abbrennt, wird wiederum Jellinek mobil: Weil auch die drei Mercedes 90 PS für das Gordon-Bennett-Rennen den Flammen zum Opfer gefallen sind, überlegt er, wer ihm für die Veranstaltung ein Auto zur Verfügung stellen kann – und welches: Am besten einen vom Typ 60 PS, denn die haben bisher bei Rennen gut abgeschnitten. Er wird beim Amerikaner Gray Dinsmore fündig. Der belgische Rennfahrer Camille Jenatzy steuert den Wagen bei dem Rennen, das in Irland ausgetragen wird, siegreich ins Ziel. Damit trägt sich erstmals ein deutsches Auto in die Siegerlisten ein – und Deutschland hat die Ehre, das Rennen mit Weltgeltung, vergleichbar mit heutigen Formel-1-Veranstaltungen, im Jahr 1904 auszutragen.
1907/08 folgt der amerikanischen Finanzkrise in Europa eine Wirtschaftskrise, und die Verkaufszahlen gehen nach unten. Die Konsumneigung ist schwach und ein Auto, ein teurer Mercedes zumal, ist ein Luxusgut, dessen Anschaffung man sich versagt oder verschiebt. Die DMG will der Krise mit einer abermaligen Neuorganisation des Vertriebs entgegensteuern und erhebt die Unabhängigkeit von Dritten zum obersten Prinzip. Man gibt Jellinek eine Mitschuld an der Überproduktion und beschließt 1907, den Vertrag mit der Mercedes Société aufzulösen. Zum einen will die DMG den Verkauf künftig besser steuern, zum anderen mehr Einfluss auf die Preisgestaltung haben: „Das Bestreben der DMG ist dahin gerichtet, durch möglichste Ausschaltung der Zwischenhändler den Preis für die Konsumenten zu verbilligen“, heißt es im Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 30. September 1907. Ein Jahr später hat man sich mit Jellinek geeinigt, er lässt sich auf einen Vergleich ein und kehrt der DMG den Rücken.

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