Dienstag, 18. Mai 2010 Kleinere Fahrzeuge in der Geschichte der Daimler AG
Designmodell für eine eventuelle Mercedes-Benz Baureihe W 122 von Hermann Ahrens mit SL-Gesicht, Mitte der 1950er Jahre. Zu einer Serienfertigung kommt es nicht.
Der Wunsch nach Fahrzeugen mit kompakten Außenmaßen und zugleich großen „inneren Werten“ zieht sich durch die gesamte Geschichte der Daimler AG und ihrer Vorläuferunternehmen. Immer wieder gelingt es dem Stuttgarter Unternehmen, dessen eigentliche Domäne traditionell die Produktsegmente der Oberklasse und oberen Mittelklasse sind, seine Innovations- und Entwicklungskompetenz auch in den darunter liegenden Segmenten einzubringen – bei Fahrzeugen mit kompakteren Abmessungen und günstigerem Preis. Nicht jeder kleinere Personenwagen, an dem die Ingenieure und Designer gearbeitet haben, erlebt jedoch die Serienreife, aus vielfältigen Gründen – die den Exkurs in dieses Kapitel der Typengeschichte umso interessanter machen.
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Carl Benz ist neben Gottlieb Daimler nicht nur der Erfinder des Automobils. Im Jahr 1894 bringt er zudem den kleinen und leichten Typ Velo heraus: 1200 Stück werden von diesem Fahrzeug gebaut, was es zum ersten Großserienfahrzeug in der Automobilgeschichte macht. Im Jahr 1911 stellt Benz & Cie. dann den Typ 8/18 PS vor, der nicht nur preiswerter ist als sein Vorgängermodell 10/18 PS, sondern auch ein frühes Beispiel für „Downsizing“ darstellt. Gegenüber dem Benz 18 PS von 1905 beispielsweise hat das Vierzylindermodell bei gleicher Leistung einen um fast rund 40 Prozent reduzierten Hubraum. Der Typ 8/18 PS ist damit effizienter und hilft Steuern sparen – die 1906 eingeführte Luxussteuer für Automobile orientiert sich am Hubraum. Zu Beginn der 1920er Jahre, in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, rücken kompakte und preisgünstige Fahrzeuge wieder verstärkt in den Fokus. So konstruiert die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) den Kompressor-Personenwagen 6/25 PS ausdrücklich als kompaktes und relativ preisgünstiges Fahrzeug, doch eine größere Verbreitung des technisch anspruchsvollen Fahrzeugs scheitert am Preis. Einen neuen Anlauf gibt es in der 1926 gegründeten Daimler-Benz AG, in der Benz & Cie. und die DMG aufgegangen sind: Unter der internen Bezeichnung W 01 entsteht 1926 ein Fahrzeug mit 1,4 Liter Hubraum. Doch es wird zurückgestellt, genauso wie der Typ 5/25 PS, der im Jahr 1928 in einer Versuchsserie gebaut wird. Erfolgreich realisiert wird dagegen der Typ 170 (W 15). Das preisgünstige und technisch innovative Einstiegsmodell hat 1931 Premiere – und wird ein großer Verkaufserfolg. So hat der W 15 großen Anteil daran, dass Daimler-Benz die wirtschaftlich schwierige Zeit der frühen 1930er Jahre gut übersteht. Noch bevor die Baureihe W 15 eingeführt wird, beginnen die Ingenieure und Techniker bei Daimler-Benz, ein nochmals preiswerteres und kompakteres Einsteigermodell in das Mercedes-Benz Pkw-Programm zu entwickeln. Das Ergebnis ist der Anfang 1934 präsentierte Mercedes-Benz 130 (W 23), ein Heckmotorwagen. Er gilt als wegweisende moderne Konstruktion; gleichwohl kann er sich auf dem Markt nicht durchsetzen, sicherlich zum Teil aufgrund seiner für einen Mercedes-Benz ungewöhnlichen Form. Nach zwei Jahren wird er vom Typ 170 H (W 28) abgelöst, der leistungsstärker und etwas größer, aber zugleich auch teurer ist. Als Einsteigermodell fungiert nun der zeitgleich mit dem Typ 170 H vorgestellte Mercedes-Benz 170 V (W 136), der Nachfolger des Typ 170 (W 15) mit vorn angeordnetem Motor. Der Typ 170 V kann den Erfolg seines Vorgängers noch steigern und wird zu einem der meistgebauten Mercedes-Benz Modelle in der Zeit vor 1945. Zudem bildet er nach dem Zweiten Weltkrieg die Basis für die Wiederaufnahme der Pkw-Produktion. Auch direkt nach dem Krieg lässt der Gedanke an kleinere Autos das Unternehmen nicht los. Es entstehen mehrere Fahrzeuge, teilweise nur auf dem Reißbrett, aber in interessanten Konfigurationen. Konkreter wird es dann in den 1950er Jahren mit den Baureihen W 122 und W 118/W 119, die aber aus unternehmenspolitischen Gründen nicht auf den Markt gebracht werden. Richtig konkret wird es 1982 dann mit der so genannten Mercedes-Benz Kompaktklasse (Baureihe W 201), die es zunächst als Typen 190 und 190 E gibt – mit einer vorgeschalteten langen Entwicklungsgeschichte. Ihr kommt das Verdienst zu, ein kleineres Fahrzeug mit allen inneren Werten der Marke auf dem Markt etabliert zu haben. Seit ihrer zweiten Generation, der 1993 eingeführten Baureihe 202, trägt die Kompaktklasse den Namen C-Klasse, die die große Erfolgsgeschichte des „190er“ fortsetzt. In die Riege der kleineren Fahrzeuge gehört auch das Nahverkehrsfahrzeug NAFA von 1982, ein wegweisendes Konzept, dessen Ideengeschichte zumindest teilweise aufgeht im zweisitzigen smart, ebenfalls ein Produkt der Daimler AG. Im Jahr 1997 feiert dann die A-Klasse (W 168) ihren Markteintritt.
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