Die Idee hatte der Rastatter Werkleiter Peter Wesp. Er stellte die Aufgabe, auf Basis einer B-Klasse ein ganz besonderes Fahrzeug zu schaffen – wie und was überließ er der Kreativität seiner Mitarbeiter. Andreas Würz, Meister in der technischen Berufsausbildung, ließ sich nicht lange bitten. Er schaute sich das große Kompaktmodell genau an, nahm einen Zollstock zu Hilfe und formulierte eine Idee, die nicht nur den Chef und seine Kollegen verblüffte und begeisterte, sondern auch die Auszubildenden: „Eigentlich müsste ein V8-Motor in den Motorraum passen.“ Zusammen mit dem Meisterkollegen Matthias Rieger aus dem Bereich Montage Elektrik/Elektronik stellte er ein Team aus zwölf Auszubildenden der Berufe Fertigungsmechaniker und Kfz-Mechatroniker aus dem zweiten und dritten Lehrjahr zusammen. Ein Lastenheft wurde formuliert: Das Raumkonzept der B-Klasse sollte unverändert bleiben. Auch von außen sollten nur dezente Hinweise auf den Umbau erkennbar sein. Der Innenraum sollte entsprechend der angestrebten neuen Fahrzeugklasse aufgewertet werden. Und das Ergebnis des Umbaus sollte nahezu alltagstauglich sein. Personalchef Martin Spicale sicherte finanzielle Unterstützung zu und machte das Projekt somit überhaupt realisierbar. Und auch ein „Opfer“ (Würz) für den Umbau war schnell gefunden: Ein B 200 CDI, der ohnehin zu Ausbildungs-zwecken an die Ausbildungswerkstatt delegiert war. Während dieses Fahrzeug von den Auszubildenden komplett zerlegt wurde, machte sich Würz auf die Suche nach einem geeigneten Motor und wurde auch fündig. Wenn schon, denn schon: Der 5,5-Liter-V8 mit 285 kW (388 PS) und 530 Newtonmeter Drehmoment wurde samt Siebengang-Automatik und Motorsteuergerät in die B-Klasse transplantiert. Der Ursprung sorgte später noch für einiges Kopfzerbrechen: Denn das Steuergerät musste so umprogrammiert werden, dass es nur Signale von den angetriebenen Hinterrädern verarbeitete. Würz: „Das V8-Herz passte erstaunlich gut, wir konnten sogar die originalen Motoraufhängungen verwenden.“ Ernste Probleme gab es nur mit der Lenkung, aber durch eine Reihe von Modifikationen konnte auch hier die alte Harmonie wieder hergestellt werden. Die Abgasanlage wurde geschickt aus verschiedenen Ersatzteilpositionen kombiniert, sie führt zweiflutig bis zum Heck und mündet dort mittig. Ihr ist der typisch brabbelnde Sound des B 55 getauften Einzelstücks zu verdanken – wird der Zündschlüssel gedreht, drehen sich gleichzeitig garantiert alle in der Nähe befindlichen Köpfe in Richtung B-Klasse. Intensive Beschäftigung mit Ersatzteilkatalogen löste auch das zweite grund-legende Transplantationsproblem: der Antrieb der Hinterachse. Es zeigte sich, dass die Hinterachse einer älteren E-Klasse der Baureihe W 210 geometrisch bestens passen würde. Werkleiter Wesp gab die Beschaffung frei, Würz und Kollegen konstruierten einen Hilfsrahmen, der nach umfangreichen Blech- und Schweißarbeiten in die B-Klassen-Karosserie integriert wurde und die neue Hinterachse aufnahm. Elegant im Sandwichboden versteckt, passte auch die Kardanwelle der E-Klasse ohne weitere Modifikationen in die B-Klasse. Für die Bremsanlage wurde das Team ebenfalls im Ersatzteilkatalog, und zwar beim C 32 AMG, fündig. Implantiert wurden vorne gelochte und innenbelüftete Scheibenbremsen im Format 345 x 34 mm, hinten gelochte und innenbelüftete Scheibenbremsen der Größe 300 x 30 mm. Das Ganze kombiniert mit AMG-Sporträdern im Fünf-Speichen-Design und den stattlichen Abmessungen 8,5 x 18 mit Reifen 235/40 ZR 18 Y an der Vorderachse und 9 x 18 mit Reifen 255/35 ZR 18 Y an der Hinterachse. Dafür wurde der Lenkeinschlag an der Vorderachse gegenüber dem Original beschränkt. Beim Fahrwerk half der Griff ins typische Tunerregal: Montiert wurde ein Gewindefahrwerk der Firma K&W. Besonders stolz sind die Projektverantwortlichen rund um Meister Würz darauf, dass sich das Gewicht des B 55 gegenüber dem Ausgangsfahrzeug nur um rund 180 kg auf 1620 kg erhöhte.
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