Nun gut, er wird in den USA gebaut. Dort gehören Fahrzeuge dieser Größenordnung zum normalen Straßenbild, allerdings dann mit großvolumigen Acht-Zylinder-Benzinmotoren und einem nicht mehr zeitgemäßen Verbrauch. Unsere R-Klasse wird von einem Sechs-Zylinder-Diesel mit drei Litern Hubraum und einer Leistung von 195 kW / 266 PS angetrieben, der den 2,3-Tonner in 7,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und eine Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h erlaubt. Und das bei einem ganz und gar unamerikanischen Normverbrauch von durchschnittlich 8,5 Litern, von dem unser Verbrauchswert natürlich nach oben abwich: zwischen 9,5 und 11 Liter meldete der Bordcomputer bei unserer Fahrweise.
Die Außenmaße und der Wendekreis von 12,6 Metern verdeutlichen einem sehr schnell, in welchem Revier sich die R-Klasse wohlfühlt. Sie bewegt sich eben weniger elegant in engen Altstadtgassen und hat Probleme mit schmalen und kurzen Parkplätzen. Ihre Stärke liegt auf der Langstrecke. Dann vergisst man die Ausmaße, genießt den Überblick, den markentypischen Komfort, das luxuriöse, dank zweier Glasdächer lichtdurchflutete Ambiente und lässt sich auch gern einmal von den Fahrerassistenzsystemen wie dem aktiven Tempomaten verwöhnen.
Unser Exemplar war mit Luftfederung bestückt, die ein Verstellen der Fahrcharakteristik erlaubt. Im Komfort-Modus erinnert sie mit sanftem Schaukeln an ihre amerikanische Herkunft, was auf guten Straßen das Vergnügen erhöhen kann. Von der Normalstellung gibt es nichts Auffälliges zu berichten; im Sportmodus zeigt die R-Klasse sogar ein straffes Fahrverhalten mit fast zu hartem Ansprechen von Federung und Dämpfung.
Doch trotz dieses Sportmodus, der guten Beschleunigung und der schnell arbeitenden Sieben-Gang-Automatik wird die R-Klasse nicht zum Sportwagen. Sportliches Fahren passt nicht zu ihr, schnelles Fahren schon. Der Dieselmotor lässt nur bei hohen Drehzahlen ein wenig von sich hören, die Windgeräusche bleiben auch bei hohen Geschwindigkeiten niedrig; und innen kommt nie das Gefühl auf, sich oder das Auto zu überfordern. So sind Reisen mit hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten auf der Autobahn offenbar der eigentliche Lebenszweck einer R-Klasse.
In der Langversion gibt es auch Platz für zwei Einzelsitze in der dritten Reihe (Aufpreis 1666 Euro), die über ein Easy-Entry-System verhältnismäßig leicht zu erreichen sind und auch Erwachsenen ausreichend Lebensraum lassen, wenn sie nicht mehr als 1,80 Meter messen.
Vom Sitzkomfort her fehlt auch den Hinterbänklern nur wenig bis zum Raumgefühl, wie es für Vans typisch ist. Die R-Klasse ist aber kein Van, sondern eine hohe Limousine. Das jedenfalls unterstreicht ihr Design mit dem noch recht neuen Gesicht, klaren Linien und dem in elegantem Schwung flach nach hinten abfallendem Dach.
Die R-Klasse wirkt imposant, aber keineswegs klobig. Dabei hat sie sogar das Zeug zu einem Kleintransporter. Hinter der zweiten Reihe bleiben 633 Liter Stauraum, der sich auf 2385 Liter vergrößern lässt. Bei einer Zuladung von mehr als 600 Kilogramm lässt sich also eine Menge von A nach B bewegen, bequem für Ladung und Passagiere.
Unsere R-Klasse mit Allradantrieb und langem Radstand kostet wenigstens 59 738 Euro. Man kann zu diesem Riesenerlebnis aber auch günstiger kommen, wenn man sich für die normale Länge von 4,92 Meter statt 5,16 Meter entscheidet, auf den Allradantrieb verzichtet und sich für den Sechs-Zylinder-Diesel mit 140 kW / 190 PS entscheidet. Dann beginnt die nach oben fast offene Preisskala bei 51 527 Euro, also bei rund 8000 Euro weniger, das Prestige der R-Klasse inklusive. (ampnet/Sm)
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