Samstag, 3. September 2011 Mercedes-Benz M-Klasse: Weniger ist mehr
Foto:Auto-Medienportal.Net/Mercedes-Benz
Als Phantasten hätte man noch vor wenigen Jahren jemanden abqualifiziert, der für ein mehr als zwei Tonnen schweres SUV einen Normverbrauch von weniger als zehn Litern vorhergesagt hätte. Heute weist Mercedes-Benz stolz auf den Normverbrauch von sechs Litern auf 100 Kilometer hin. Alle Motoren der neuen M-Klasse brauchen rund ein Viertel weniger Kraftstoff als die Generation davor, der Mercedes-Benz 250 Blue Tec 4Matic eben genau sechs Liter statt bisher acht. Natürlich liegt der Verbrauch in der Praxis höher. Aber auch die 7,8 Liter, die wir bei einem Proberitt durch die Berge rund um Kitzbühl verbrauchten, sind ein Wert, den man früher ins Reich der Phantasie verwiesen hätte, besonders angesichts der Fahrleistungen mit der ML 250-Einstiegsmotorisierung. Aus 2143 ccm Hubraum holt der Vierzylinder 150 kW / 205 PS und ein maximales Drehmoment von 500 Nm zwischen 1600 und 1800 Umdrehungen. Damit beschleunigt er in neun Sekunden auf 100 km/h und schafft 210 km/h.
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Auch die beiden anderen Motoren, mit denen die M-Klasse ab November ausgeliefert wird, liegen im Verbrauch um ein Viertel niedriger als die alten Modellen. Der Sechszylinder-Diesel im ML 350 Blue Tec 4Matic (190 kW / 258 PS, Drehmoment 620 Nm. 0 – 100 km/h in 7,4 Sekunden, 224 km/h) braucht nur rund einen Liter Diesel mehr und den Sechszylinder-Benziner mit 225 kW / 306 PS, 370 Nm, 0 – 100 km/h in 7,6 Sekunden, 235 km/h) verlangt’s im Schnitt (nach EU-Norm) nach gut 8,5 Liter Super.
Hinter diesen Verbesserungen steht eine Reihe von Maßnahmen, begonnen mit der Aerodynamik. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,32 setzt die M-Klasse einen Bestwert. Außerdem helfen mit ein Start-Stopp-System, das siebenstufige Automatikgetriebe 7G-Tronic Plus mit neuem Wandler, reibungsärmere Lager und Achsgetriebe, die Elektrolenkung, der optimierte Riementrieb, die bedarfsgerechte Steuerung aller Nebenaggregate und Pumpen, rollwiderstandsoptimierte Reifen und natürlich auch Leichtbautechniken.
Doch all dieses Abspecken und Feintunen findet unter dem Blech statt. Das Blech – sprich die Karosserie – hat so gar nichts Abgespecktes. Die neue M-Klasse stellt eine markantere Schnauze mit senkrechter stehendem Kühlergrill in den Wind. Geziert wird sie von dem markentypischen Abzeichen für die sportlicheren Stuttgarter: drei breite Chromspangen mit dem großen Stern im Zentrum. Auch bei Gestaltung der Einfassungen der Lufteinlässe wählte man den kräftigen Strich. Die neue M-Klasse füllt den Rückspiegel des Vordermanns mit einem deutlich bissigeren Blick.
Die Charakterlinen an den Seiten unterstreichen das. Die schräg nach vorn laufende C-Säule als Markenzeichen bei bisher immerhin seit 1997 gebauten 1,2 Millionen M-Klassen blieb erhalten. Das Dach aber fällt deutlicher ab als beim Vorgänger. Zusammen mit der längeren Motorhaube ergibt sich so ein gestreckter Gesamteindruck, obwohl die Länge nur um 23 Millimeter gewachsen ist.
In der Breite hat die M-Klasse ebenfalls leicht zugelegt, so dass die Ellbogenfreiheit vorn um 43 Millimeter und hinten um 25 Millimeter wuchs. Bisher herrschte in der M-Klasse schon kein Mangel an Raum. Doch die Zusatzmillimeter verstärken den Eindruck von Großzügigkeit mehr als die Zahlen erkennen lassen. Für die maximal drei Hinterbänkler bleibt Platz, wie man ihn in dieser Klasse voraussetzen darf, und auch das Gepäck kommt nicht zu kurz. Der Kofferraum fasst 690 Liter und lässt sich auf 2010 Liter erweitern. 800 Kilogramm Zuladung und eine maximale Anhängelast von 3,5 Tonnen für einen gebremsten Anhänger beeindrucken schon beim ML 250.
Geländegängig ist er auch noch. Dank der Luftfederung Airmatic für 2023 Extra-Euro und dem On&Offroad-Paket für 2261 Euro zusätzlich scheint kein Gelände unüberwindlich. Gut zu wissen, aber die meisten seiner Käufer werden sich mit ihm lieber auf der Straße tummeln als im Gelände einen Kratzer zu riskieren.
Für die Straße bietet Mercedes-Benz das sehr überzeugende „Active Curve System“ an. Das sind aktive Stabilisatoren, die nur versteift werden, wenn’s nötig ist. Bei Geradeausfahrt greifen sie nicht ein, was schon wegen der dann zur Verfügung stehenden längeren Federwege den Komfort erhöht. Geht’s in die Kurve, hält der Stabi den Wagen topfeben. Ohne Wanken prescht er wie eine C-Klasse durch die Kurve. Leider ist auch hier ein Aufpreis fällig: 3689 Euro.
Zu den Preisen generell ist zu sagen: Sie sind so gut wie unverändert. Wer aufmerksam hinschaut, findet in den Listen eine Erhöhung von 50 Euro bei den Basispreisen. Deutlicher zugelegt hat die M-Klasse dafür bei der Anmutung im Innenraum. Die Armaturentafel und der gesamte Innenraum zeigen Stilsicherheit. Für ein SUV wirkt die M-Klasse vornehm zurückhaltend und verzichtet auf alles Prahlerische.
Überrascht hat uns aber der Erfolg der Aerodynamiker und der Akustiker. Wir sind sicher, noch nie in einem leiser laufenden SUV gesessen zu haben. Das fanden wir phantastisch. (ampnet/Sm)
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