Angesichts der unterschiedlichen Typen hinter dem Lenkrad eines SLK hatte es dieses Auto nie leicht, als echter Sportwagen empfunden zu werden. Vielen galt er als Boulevard-Racer, bei dem auch schon die Mindestmotorisierung das gewünschte Fahrerlebnis für Fahrer, Beifahrer und Passanten erzielte. Ein offener Mercedes war denen ein Wert an sich: elegant, glatt und schnell aussehend mit dem praktischen zweiteiligen Blechdach, das auf Knopfdruck elektrisch im Kofferraum verschwindet und damit nicht nur den Insassen ein Cabrio-Erlebnis, sondern auch der Umwelt den Blick auf ein schönes Mercedes-Ambiente ermöglicht.
Auch der Neue gibt bei offenem Dach sein markentypisch edles Interieur frei, geprägt von klassischen Elementen wie den Rundinstrumenten und neuen wie den Ausströmer für Lüftung und Kühlung, die denen des Supersportwagens SLS AMG nachempfunden sind. Das gepaart mit einem mit Leder bespanntem Armaturenträger, zweifarbigen Sportsitzen und dezent eingesetzten Chromzierrat schafft ein Umfeld für Insassen und Betrachter, wie man es von einem sportlichen Fahrzeug aus dem Hause Mercedes erwartet: beeindruckend, aber nicht aufgesetzt.
Wenn man das Äußere ebenfalls mit zwei Begriffen charakterisieren will, dann lauten die: beeindruckend und markant. Die Macher formulieren beim Blech einen deutlich anderen Anspruch als beim Vorgänger. Die neue Karosserieform mit dem steil stehenden Kühlergrill in der Optik des Supersportwagens SLS, die insgesamt muskulöse Linienführung, die breiten Schultern, die ausgestellten Radhäuser und der massige Heckbereich zeigen, dass der Neue nicht mehr nur schnell, glatt und nett wirken soll, sondern stark, markant und so aggressiv, wie es sich für einen echten Sportler gehört.
Der 3,5-Liter-V6-Motor liefert 225 kW / 306PS und ein maximales Drehmoment von 370 Newtonmetern. Da darf man Werte erwarten, die zu einem Sportler passen. Der SLK 350 Blue Effiency schafft denn auch den Spurt von null auf 100 km/h in 5,6 Sekunden und wird bei 250 km/h eingebremst. Damit kann man so Einiges anstellen, muss man aber nicht. Wer sich zurückhält, kommt dem Durchschnittswert der EU-Norm von 7,1 Litern auf 100 km nahe, wenn er sich bei den drei Fahrprogrammen sich für die Einstellung E wie ökonomisch entscheidet. Wir waren meist mit dem Standardprogramm unterwegs und lagen im Verbrauch unter neun Litern. Wer das Sportprogramm wählt, das die Kennfelder von Fahrpedal, Getriebe und Lenkung spürbar auf schnell stellt, wird mit zweistelligen Verbrauchswerten rechnen müssen.
Irgendwann wird auch der ambitionierteste Fahrer mal wieder im E-Modus durch Feld, Wald und Stadt gleiten wollen. Dann wird er bei geöffnetem Dach das Airscarf-System zu schätzen lernen, das warme Luft aus den Kopfstützen um den Hals fließen lässt oder das neue dreiteilige Windschott aus transparenten Kunststoffscheiben, die man schwenken kann, dass die Zugluft von hinten deutlich vermindert wird. Vielleicht mag er auch gar nicht offen fahren, weil das Magic Sky Control-Glasdach ihm Imponiert. Das wird auf Knopfdruck fast völlig klar oder getönt wie eine Sonnenbrille.
Diese drei Details weisen den SLK als Ganzjahresauto aus, bei dem man auch im Winter die Sonne durchs Dach scheinen lassen kann und im Zweifelfall auch schon einmal mit Luftschal, Windschott und offenem Dach fahren kann, wenn andere noch auf Winter machen. Wir haben das bei Schnee und Eis gewagt und hatten unseren Spaß.
Nach so viel Lob muss nun auch die negative Seite eines Roadsters zu Sprache kommen. Mit einem Kofferraum von 335 Litern bei geschlossenem Verdeck und 225 Liter bei offenem Dach eignet er sich bestenfalls für den Wochenendausflug, am besten mit speziellem Gepäck, das unter die beiden Teile des Dachs passt: Zwei Bordcases, ein paar kleinere, weiche Stücke und die Kreditkarte passen rein. Für den offenen Bummel über den Boulevard reicht meist letztere. (ampnet/Sm)
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