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Dienstag, 24. März 2015 Mit dem Forschungsauto in die Zukunft

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Mercedes-Benz F 015 Luxury in Motion.  Foto:Auto-Medienportal.Net/DaimlerMercedes-Benz F 015 Luxury in Motion. Foto:Auto-Medienportal.Net/Daimler

„Wenn sie wollen, können Sie jetzt fahren“, sagt Peter Lehmann und dreht seinen Fahrersitz in Richtung Innenraum. Er sitzt jetzt mit dem Rücken zur Windschutzscheibe, lehnt fast an dem kleinen Lenkrad, das ihn bisher schon nicht interessiert hat und sagt: „Die Türverkleidung ist ein großer Touchscreen. Dort können Sie mit einem Fingerdruck die Kontrolle übers Auto übernehmen, wenn ich das bestätige.“ Ich drücke. Er bestätigt, und natürlich will ich den Mercedes-Benz F015 Luxury in Motion schneller fahren sehen.
Wir sitzen auf einem Gestühl, dass an die Cocktailsessel der 60ger erinnert und sich genauso unbequem anfühlt. Dennoch überkommt uns das Gefühl, in diesem Moment beginne die Zukunft, und wir sind dabei. Denn wir steuern das Forschungsfahrzeug mit denselben Fingerbewegungen wie unser Smartphone über ein verlassenes Flugfeld vor der Skyline von San Francisco, nicht weit vom Silicon Valley, der Heimat auch vom Internet-Riesen Google, vom dem man sagt, er wolle nun auch Auto bauen.

 

Wir vier an Bord genießen die ungewöhnlich Gruppensituation, reden miteinander, diskutieren die Motive auf den Bildschirmen rund um den Innenraum: lieber eine Kette schneebedeckter Gipfel oder doch besser den Innenhof des Louvre als Kulisse? So also fühlt sich autonomes Fahren an. Schon nach wenigen Minuten interessiert uns die virtuelle Realität innen viel mehr als das Geschehen außen.

Das was aussieht, als seien wir Premierengäste beim Start in die unglaubliche Welt des autonome Fahren, erweist sich bei näherem Nachfragen nicht gerade als ein Fake, sondern als ein geschickter Versuch, uns auf einem risikofrei programmierten Kurs mit dem Fahren 2.0 zu konfrontieren. Den Mercedes-Benz F 015 Luxury in Motion hatten wir schon bei der Elektronik-Leitmesse CES im Januar in Las Vegas gesehen. Jetzt fühlen wir ihn, und wir beobachten uns. Hat dieses Fahrgefühl Morgen Chancen bei uns Heutigen?

Die Technik wird dieser Zukunft nicht im Wege stehen. Niemand hat Zweifel daran, dass es den Wissenschaftlern und Ingenieuren gelingen wird, das autonome oder pilotierte Fahren zu ermöglichen. In fünf Jahren sei man so weit, konnte man bei jedem der beteiligten Unternehmen hören. Jetzt kommen leise Zweifel an diesem ambitionierten Zeitplan der Entwicklungsabteilungen auf.

An der Sensorik wird es nicht liegen. Sechs Radargeräte, zwölf Ultraschallsensoren, eine Stereokamera und vier Kameras für das 360-Grad-Bild beobachten heute schon die Umwelt zum Beispiel bei Mercedes-Benz-Modellen mit dem System „Intelligent Drive“, das die Daten mit dem Fahrzeug vernetzt und heute schon teilautonomes Fahren zum Beispiel im dichten Verkehr auf der Autobahn schafft.

Dennoch ist 2020 kein realistisches Ziel. Auch Andreas Mankowsky, der Zukunftsforscher vorn Mercedes-Benz meldet Zweifel an. Der Mensch brauche Zeit, sich an Neues zu gewöhnen, meint er, und er müsse akzeptieren, dass die neue Technik ihm Vorteile bringe. Was er damit meint, wird uns am Abend deutlich, als wir uns über die Interstate 101 schrittweise zurück in die City von San Francisco quälen. Was für eine Zeitverschwendung! Was für eine Chance fürs autonome Fahren!

Auch der Mensch als Stadtplaner braucht Zeit. Mankowsky hält viele Beispiele bereit, wie die Mobilität der Zukunft in unseren Großstädten aussehen kann, natürlich nur dann, wenn alle Fahrzeuge sich autonom auch durch unsere Innenstädte bewegen. Sein Stichwort lautet „shared space“, auf Deutsch: Mischverkehr. Und er hält auch schon Beispiele bereit, wie dieses Miteinander zwischen spielenden Kindern, Fußgängern, Radfahrer und Autos der verschiedensten Bauarten funktionieren könnte: Die schwächeren Verkehrsteilnehmer stecken ihren Bereich ab und die Autos richten sich automatisch danach. Mankowsky ist sich sicher: „Die autogerechte Stadt der Zukunft wird menschfreundlicher.“ Er hat hoffentlich recht. Es gibt zur Zeit zu viele Gegenbeispiele.

Wird die Vision Zero, das Ziel der Europäischen Union, Verkehrsunfälle total zu vermeiden, damit Realität? Mankowsky stört diesen Traum mit wissenschaftlicher Skepzis: „Unfälle wird es immer geben.“ Aber eben deutlich weniger.

Doch bevor es soweit kommen kann, ist erst einmal der Mensch als Politiker und Gesetzgeber gefordert. Die heutigen Gesetze sehen den Fahrer voll in der Verantwortung. Er darf nicht einmal telefonieren oder die Hände vom Lenkrad lassen. Autonomen Fahren ist heute illegal.

Und nun? „Wir haben unsere Vision gebaut und sind gehalten, da weiterzumachen“, sagt Mankowsky. Wir freuen uns auf das nächste Forschungsfahrzeug zu diesem Thema. Vielleicht passen dann auch norddeutsche Sitzriesen hinein. Auch die wollen den Fortschritt erleben, aber mit besserem Sitzkomfort. Denn das Erlebnis, im Gespräch einander zugewandt, Strecke zurückzulegen, hat uns mehr beeindruckt. als der Sitzkomfort. Aber das zu sagen wirkt unverzeihlich kleinlich angesichts des mutigen Entwurfs des Mercedes-Benz F 015 Luxury in Motion. (ampnet/Sm)

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