Mittwoch, 25. November 2015 Abnahmefahrt in der neuen E-Klasse
Noch getarnt: Mercedes-Benz E-Klasse. Foto:Auto-Medienportal.Net/Daimler
Sie ist nicht nur der Prototyp einer Reiselimousine, sie verkörpert den Mercedes-Markenkern schlechthin: Die Rede ist von der E-Klasse, die in knapp zwei Monaten auf der Automesse in Detroit Weltpremiere feiert. Wir hatten die Gelegenheit, bei einer der letzten Abnahmefahrten als Beifahrer teilzunehmen. Auf der Strecke von Los Angeles über die San Bernardino Mountains und weiter durch die Wüste nach Las Vegas wurden die Autos dabei auf vielfache Weise gefordert. Der Anspruch, weiterhin die komfortabelste Limousine im Segment zu bauen, dürfte erfüllt werden: Auch die problematischen US-amerikanischen Freeways mit ihren oft ausgeprägten Querfugen und Schlaglöchern werden von der neuen E-Klasse souverän pariert. Der Geräuschkomfort ist dabei hervorragend: Nichts klappert und knarzt, und die Motoren halten sich weitgehend im Hintergrund.
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Im Gegensatz zu früheren Modellgenerationen ist die E-Klasse jedoch auch auf kurvigen, anspruchsvollen Landstraßen nicht aus der Ruhe zu bringen. Trotz der betont komfortablen Auslegung lenkt die Limousine agil ein, und die Wankbewegungen bleiben auf ein niedriges Maß beschränkt. Die Radgrößen reichen von 16 bis 20 Zoll. Für die Längsdynamik sorgt eine große Palette Otto- und Dieselmotoren, wobei vor allem der neue Vierzylinder-Diesel Beachtung verdient: Das intern OM654 genannte 2,0-Liter-Aggregat ist Vorbote einer neuen Motorengeneration, die in Zukunft auch Sechs-Zylinder-Reihenmotoren umfassen wird.
In den ersten zwei bis drei Jahren orientiert sich das Motorenprogramm noch weitgehend am Vorgängermodell: Es reicht von den bekannten Motoren mit vier und sechs Zylindern bis hin zum AMG E 63, der jetzt den 4,0-Liter-V8 aus dem AMG GT erhält. Dazwischen rangiert der E 450 AMG mit Sechszylinder-Biturbo; eine klassische V8-Variante gibt es nicht mehr. Dafür bringen die Stuttgarter mit gewisser Verzögerung einen Plug-in-Hybrid auf den Markt, der auf dem Vier-Zylinder-Ottomotor basiert und deutlich über 50 Kilometer rein elektrisch zurücklegen kann. Später sollen dann Varianten mit integriertem Starter-Generator auf den Markt kommen, die über eine 48-Volt-Elektrik verfügen und elektrisch spürbar boosten können. Neues gibt es beim Getriebe: Die Einstiegsvarianten kommen serienmäßig mit einem erstmals von ZF zugelieferten Sechs-Gang-Handschaltgetriebe, überall sonst ist der hauseigene, NAG3 genannte Neun-Stufen-Automat Serie. Die Kraftübertragung erfolgt wie gehabt auf die Hinterräder, einen permanenten Allradantrieb wird es bei vielen Varianten gegen Aufpreis geben. Bemerkenswert: Auch ohne Hybridisierung dürften die Verbräuche erheblich sinken – teilweise um fast 20 Prozent. Verantwortlich dafür sind Feinarbeit an den Motoren, die neuen Getriebe, ein um rund 70 Kilogramm abgesenktes Gewicht - und eine hervorragende Aerodynamik: Der cw-Wert der Einstiegsvariante dürfte bei im Segment rekordverdächtigen 0,23 liegen. Die E-Klasse kommt mit einer komplett neuen Bordelektronik, die das Auto nicht nur 48-Volt-fähig macht, sondern auch neue Welten bei den Assistenzsystemen eröffnet, die teils in aufpreispflichtigen Paketen gebündelt sind. So hält die Drive-Pilot-Funktion die Limousine in der Spur und auf Abstand – und zwar bei bis zu 210 km/h. Bei plötzlichem Ausweichen greift der Lenk-Assistent verstärkend und stabilisierend ein. Per Car-to-X-Kommunikation wird der Fahrer vor weit vorausliegenden Gefahren gewarnt. Der Drive Pilot verlangt, dass der Fahrer periodisch Rückmeldung gibt; dafür muss nur ein Sensor auf dem Lenkrad berührt werden. Sollte es trotzdem jemand versuchen, so steigt das Assistenzsystem nicht einfach komplett aus, sondern es bringt den Wagen langsam und kontrolliert zum Stillstand. Übrigens kann die neue E-Klasse auch per Befehl vom Blinkerhebel die Spur wechseln – keine eminent wichtige Innovation, aber eine Funktion, um die Tesla einiges Aufhebens gemacht hat und die man der Kundschaft deshalb nicht vorenthalten möchte. Kein Wunder, dass Daimler von der „intelligentesten Limousine der Welt“ spricht. Neben dem Fahr- und Antriebskomfort und den Assistenzsystemen begeistert die E-Klasse mit einer Opulenz, die an die S-Klasse heranreicht und sie teilweise sogar übertrifft. Die Sitze verfügen optional über nochmals mehr Massage-Optionen, und die Instrumentierung kommt in der gehobenen Variante mit einem extrem breiten, frei konfigurierbaren Bildschirm. Die Einstiegs-Instrumentierung wirkt mit dreidimensional verbauten Tuben, die von einer verchromten Spange zusammengehalten werden, etwas weniger geschmackssicher. Die Produktion läuft Anfang Januar an, in den Verkauf gelangt die Limousine im April. (ampnet/jm)
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