Mehr als bei anderen Marken und Modellen entscheiden sich deutsche Kunden beim GLS für das Echte, das Amerikanische. „Nur“ knapp 80 Prozent der dieses Jahr neu zugelassenen Fahrzeuge im Bundesgebiet waren mit Dieselmotor ausgestattet. Der Testwagen repräsentiert mit seinem 4,7 Liter großen V8-Motor das Nonplusultra der Baureihe, bringt 335 kW / 455 PS an die mächtigen Räder. Stärker ist nur noch die AMG-Version, die aus 5,5 Litern Hubraum schöpft. Wer die Optik des Haustuners schätzt, aber keine 441 kW / 557 PS braucht, kann sich für 4343 Euro ein AMG-Exterieur-Paket dazu bestellen. Hat man hinter dem Lenkrad Platz genommen, kann man sich der erhabenen Atmosphäre des Innenraums nur schwer entziehen. Das Verkehrsgeschehen wird nun von höherer Warte aus betrachtet. Das dürfte selbst ohne das Designo-Exklusiv-Paket der Fall sein, das für 6283 Euro exklusive Ledersorten, Rautensteppung auf den Polstern, Ziernähte und zahlreiche andere Annehmlichkeiten bietet. Seinen Sonderstatus untermauert der GLS durch die serienmäßige dritte Sitzreihe, deren Einzelsitze elektrisch umklappbar sind. Überhaupt dürften elektrische Stellmotoren einen ordentlichen Teil zu den 2540 Kilogramm beigetragen haben, die das Testauto auf die Waage brachte. Auch die zweite Sitzreihe wird per Tastendruck in Bewegung gebracht, ebenso die Heckklappe, die Zuzieh-Automatik für die Türen, Lehnen, Kopfstützen und vieles mehr. Sehr positiv macht sich der Falt-Mechanismus für die Plätze der zweiten Reihe bemerkbar. Dank dieses raffinierten Prinzips sind die Sitze sechs und sieben sehr einfach und ohne die bei anderen Siebensitzern üblichen Verrenkungen erreichbar. Den Passagieren dort steht eine Gesamtbreite von 1,05 Metern zur Verfügung, so dass auch dort nicht auf bequemes Beförderung verzichtet zu werden braucht. Die Beinfreiheit kann sich durchaus sehen lassen. Und ist man mal zu zweit unterwegs, bleiben stolze 2,3 Kubikmeter fürs Gepäck. Während in anderen Mercedes-Modellreihen TFT-Bildschirme die klassischen Rundinstrumente bekanntlich längst ersetzt haben, erfreut das GLS-Cockpit noch das Herz des Traditionalisten. Unter der belederten Kappe lugen die in metallisch schimmernde Röhren verpackte Analog-Uhren hervor, die Konsole wird dominiert Vom Navigationsbildschirm, über den auch die übrigen Fahrzeugfunktionen vom Geländemodus bis zum Massagesitz dargestellt und gesteuert werden können. Ordert man das Multimediasystem Command-Online, ist man weitere 3510 Euro los. Temperierbare Cupholder sind mit 250 Euro dagegen fast ein Sonderangebot. Doch nicht alles, was gut und normalerweise teuer ist, muss beim GLS auch extra bezahlt werden. Glasschiebedach und 19-Zoll-Alufelgen, Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer, Luftfederung und Bergabfahrkontrolle, Drei-Zonen-Klimaautomatik sowie Dachreling gibt es inklusive, ebenso LED-Hauptscheinwerfer mit Fernlicht-Automatik, Licht-, Regen- und Überrollsensor sowie Müdigkeitserkennung und Knie-Airbag auf der Fahrerseite. Ein feines Stück Technik ist der V8-Motor, der mittels Turboaufladung seine 700 Newtonmeter Drehmoment schon ab 1800 Umdrehungen zur Verfügung stellt. Er gibt sich ganz und gar unamerikanisch, ist nämlich dezent in der Geräuschentwicklung und schnurrt, wenn man ihn nicht allzu sehr mit dem Gaspedal reizt, sehr gemütlich vor sich hin – fast harmlos könnte man diese Attitüde nennen. Erhabene Sitzposition und minimale Fahrgeräusche entkoppeln die Insassen von der Wirklichkeit und man tut gut daran, stets den Tacho im Auge zu behalten. Meistens ist man schneller unterwegs als man denkt. Dass der Motor auch enorme Gewalten entfesseln kann, merkt man überdeutlich im Sport-Modus, wenn er den Koloss in wenig mehr als fünf Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h stürmen lässt. Dass man mit derartigen Übungen, wenn man sie nur oft genug wiederholt, auch einen 100-Liter-Tank zügig leeren kann, versteht sich von selbst.
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