Mittwoch, 18. April 2018 Mercedes-Benz A-Klasse: Vom Halbstarken zum Yuppie
Mercedes-Benz A-Klasse. Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler
Alte Zöpfe wollte Mercedes-Benz 2012 bei der A-Klasse abschneiden. Das verblüffte Publikum sollte schnell begreifen, wie wenig das Konzept des Kurz-Vans aus den 90-gern noch in die Pläne der Stuttgarter passte – hohes und schmales One-Box-Design auf kleinen Rädern, große Fensterflächen, hohe Sitzposition und alles meist in Grau. Damit auch dem ältesten Fan der historischen A-Klasse das Ende einer Ära bewusst wurde, begann die neue A-Klasse ihre Karriere als Halbstarker: flach bis geduckt, mit großen Rädern, hoher Brüstung und einem trotzig sportlichen Fahrverhalten für Leute ohne Angst um die Bandscheiben.
Selten wurde ein Autokonzept so brutal eingestampft, selten war das Echo auf ein neues so gespalten. Ganze Kundenschichten – ausgerechnet die betuchteren – sagten sich so entrüstet von Mercedes-Benz los, dass etwas Wahres an den Gerüchten sein könnte, genau dies habe das Marketing 2012 beabsichtigt: Platz schaffen für eine neue, viel jüngere Käuferschicht.
|
Die Absatzzahlen lieferten die Erfolgskontrolle. Die heutigen Rekorde wären ohne die A-Klasse und ihre Derivate nicht denkbar. Und in diese Richtung soll es weitergehen: jung, dynamisch, modern und total vernetzt aber ohne Widerhaken.
Teddy Woll liefert uns einen passendes Beweis. Dr. Woll ist als Leiter der Aerodynamik und Aeroakustik auch der Herr des Luftwiderstandbeiwerts. Den hat sein Team für die A-Klasse jetzt auf 0,25 herunterpoliert. Gleichzeitig verringerten die Designer die Stirnfläche des Autos auf 2,19 Quadratmeter. Übrig bleibt ein Luftwiderstand (Cw x F) von 0,5475. „Das ist soviel wie bei einem fast aufrecht sitzendem Radfahrer“, weiß Teddy Woll.
Mit der guten Windschlüpfigkeit geht meist auch gute Aeroakustik einher. Zusammen mit der sehr steifen und damit schwingungsarmen Karosserie entsteht ein beeindruckend niedriges Niveau an Geräuschen im Innenraum. Auch hier beweist sich der Daimler-Anspruch. Der wird übrigens auch sichtbar, am besten, wenn man den Neuen und seinen Vorgänger nebeneinander sieht. Die flache und lange Schnauze, das Gesicht mit den großen – wie gesagt meist von Jalousien verschlossenen – Lufteinlässen lassen die neue A-Klasse gestreckter und breiter aussehen.
Der Innenraum liefert mehr Stoff für Diskussionen als das Äußere. Hier gibt es viel Design, für manchen zu viel, zum Beispiel bei den fünf großen, runden und spektakulären Lüftungsdüsen: drei zentral und jeweils eine außen. Die drei in der Mitte sitzen in dem nach vorn gewölbten unteren Teil der Armaturentafel, die beiden äußeren im nach vorn verlagerten oberen Teil, der auch das freistehende Display mit zwei 10,25-Zoll-Bildschirmen für virtuelle – vielfach einstellbare – Anzeigen und das Infotainment trägt.
Natürlich geht auch die Spracheingabe, deren neueste Version „Hey Mercedes“ à la Amazon Alexa uns allerdings in konstanter Dummheit immer nur nach unseren Wünschen fragte, wenn sie uns nicht gerade mitteilte, dass für uns keine neuen Nachrichten vorliegen. Angeblich versteht sie auch Dialekte.
Vom Spitzenmodell des Hauses übernimmt auch das jüngste und kleinste das fast vollständige Programm an Fahrerassistenz-, Komfort- und Konnektivitätssystemen. Zum „Intelligent Drive System“ kommt auch hier das Dienstleistungsangebot der „Mercedes me“-App, wie sich das für ein Young Urban Professional Vehicle der Marke heute gehört.
Bei der Motorisierung muss der Zeitgenosse sich zunächst zwischen drei Motoren entscheiden: den neuen Vierzylinder-Benziner (M 282) mit 1,33 Liter Hubraum, mit 163 PS (120 kW) und 250 Newtonmeter (Nm) Drehmoment, mit Zylinderabschaltung in Kombination, mit Otto-Partikelfilter und mit dem Doppelkupplungsgetriebe 7G DCT im A 200, dem überarbeiteten Vierzylinder-Benziner (M 260) mit zwei Litern Hubraum, 224 PS (165 kW), 350 Nm und 7G DCT im A 250 sowie dem neuen Vierzylinder-Diesel (OM 608) mit 1,5 Liter Hubraum, 115 PS (85 kW) und 260 Nm im A 180d. Alle Motoren entsprechen dem höchsten Abgas-Standard EU6-temp.
Der kleinere Benziner, eine Kooperation zwischen Renault und Mercedes-Benz, ist der modernste und hinterlässt einen ausgewogenen Eindruck. Der Zweiliter ist ein Eigengewächs und sorgt für ordentlich Vortrieb. Der Renault-Diesel im 180d erschien uns als die unterste mögliche Motorisierung für den leer rund 1,5 Tonnen schweren Wagen.
Die beiden kleineren Motoren kommen mit dem weiterentwickelten Fahrwerk mit McPherson-Vorderachse mit Alu-Querlenker und Verbundlenker-Hinterachse gut klar, sowohl bei der Fahrdynamik als auch beim Komfort. Bei den später dazukommenden Allrad-Versionen 4Matric und bei stärkeren Motorisierungen führt eine Vier-Lenker-Konstruktion die Hinterräder. In der Verbindung zwischen der aktiven Verstelldämpfung (Sonderausstattung) mit elektronischer Regelung und dem serienmäßigen Dynamic Select-System kann über vier Fahrprogramme zwischen einem komfortablen und sportlich orientierten Dämpferverhalten gewählt werden. (ampnet/Sm)
|