Zum dritten Mal in seiner Geschichte hat Maserati den Namen Ghibli vergeben. Das hinreißend schöne, von Giorgio Giugiaro gestaltete zweitürige Fließheck-Coupé aus dem Jahre 1967 gehörte zweifellos zu den Highlights italienischer Automobilbaukunst, weshalb außer Sammy Davis junior und Peter Sellers sich noch viele andere Prominente einen davon in die Garage stellten. Zwar ist der jüngste Sproß der Maserati-Familie fast 30 Zentimeter kürzer als der große Bruder Quattroporte, aber kleinwüchsig wirkt er deshalb noch lange nicht. Das knapp über dem Asphalt aufgerissene Haifischmaul des Kühlergrills und die seitlich in die Kotflügel hineingezogenen Scheinwerfergläser lassen das Gesicht angriffslustig erscheinen. Das Aggregat ist ein alter Bekannter aus der Produktion von VM Motori im italienischen Ferrara. Im Fiat-Chrysler-Konzern findet dieser V6-Motor weite Verbreitung, so zum Beispiel im Jeep Grand Cherokee, wo er allerdings 25 Pferdestärken weniger an die Kurbelwelle wuchtet als im 202 kW / 275 PS leistenden Maserati. Und auch ein bisschen mehr Durchzugskraft bekommen die geneigten Kunden unter dem Dreizack-Logo geliefert, nämlich 600 Newtonmeter, die ab 2000 Umdrehungen zur Verfügung stehen. Ein solcher Bumms schiebt auch schwerere Fuhrwerke trefflich an, der Hersteller nennt 6,3 Sekunden für den Sprint von null auf 100 km/h.
Wie schwer genau der Ghibli ist, sollte man eh nicht so genau wissen wollen. Während der Hersteller auf seiner Website von 1835 Kilogramm spricht, nennt die Kfz-Zulassung 1950 Kilogramm. Eine beruhigende Größe von mehr als einer halben Tonne möglicher Zuladung bleibt in jedem Falle, wobei der 1,10 Meter tiefe Gepäckraum für 500 Liter Stauvolumen gut sein soll. Zwar beträgt der Radstand des Fahrzeugs fast drei Meter, aber wenn man auf einem der Rücksitze Platz nehmen will, fragt man sich, wo die wohl geblieben sind. Richtig üppig ist die Beinfreiheit dort nämlich nicht. Ist der Vordersitz vollständig zurückgefahren, bleiben zwischen Lehne und rückwärtigem Sitzpolster gerade mal 17 Zentimeter Platz, was die Mitreisenden vom Wohlwollen der vorne Sitzenden abhängig macht. Die wohnliche Atmosphäre des Innenraums ist von schlichter Eleganz und wird bestimmt von edlem Leder, dass in verschiedenen Qualitätsstufen geordert werden kann. Die ausladenden Sessel der ersten Reihe sind ausgesprochen gemütlich, könnten aber etwas mehr Seitenhalt bieten, denn in einem Maserati möchte man auch gern einmal etwas flinker in die Kurve gehen.
Der aus poliertem Aluminium gefertigte und 110 Gramm schwere Schlüssel kann in der Hosentasche bleiben, denn gestartet wird mittels Druckknopf, der auf der linken Seite neben der Lenksäule sitzt. Inwieweit die Platzierung des Zündschlosses ausschlaggebend für den Sieg Alfieri Maseratis bei der Tara Florio 1926 war, ist jedoch nicht überliefert.
Die etwas burschikose Laufkultur des knorrigen V6-Aggregats wird durch Soundmodulatoren in ein kräftig-bassiges Auspuffgeräusch orchestriert. Kraftvoller Klang gehört schließlich zu den Kernwerten einer sportlichen Marke. Damit Akustik und Optik in Einklang sind, hat Maserati dem Ghibli vier Auspuffendrohe spendiert. Ein Druck auf die Sporttaste neben dem Ganghebel steigert nicht nur die in den einzelnen Fahrstufen erreichbaren Drehzahlen, sondern auch die Frequenz der begleitenden Geräuschkulisse.
Energisch stürmt der Viertürer auf Gasbefehl noch vorn, so unmittelbar wünschte man sich auch die Reaktion auf Lenkbefehle. Dass der Wagen die versprochene Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h tatsächlich erreicht, steht außer Frage, denn wer lange genug auf dem Gas bleibt, sieht die Tachonadel bei 265 km/h.
Seine selbstbewusste Preisgestaltung ist der Tatsache geschuldet, dass bei ihm etwas serienmäßig eingebaut ist, was man auf den Sonderausstattungslisten anderer Hersteller nicht findet: Exklusivität. (ampnet/ab)
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