So oder so: Der italienische Geländegänger kommt spät, aber selbstbewusst, kombiniert ausgeladene Drei-Liter-V6-Motoren mit gediegenem Komfort und einem ordentlichen Platzangebot – was auf fünf Metern Außenlänge auch nicht wirklich schwer ist. Wäre die Motorhaube nicht so elend lang und der vordere Überhang etwas kürzer, hätten sich vielleicht noch ein paar Zentimeter Beinfreiheit mehr für die rückwärtigen Passagiere herausschlagen lassen. Immerhin gibt es mehr Radstand als beim Bentley Bentayga. Die italienische Küche wird ihrer Leichtigkeit wegen geschätzt, das SUV aus Mirafiori kann mit geringem Gewicht nicht unbedingt glänzen: 2205 Kilogramm gibt der Hersteller als Leergewicht für die Dieselvariante an, der Zulassung des Testwagens zufolge sind es sogar noch 75 Kilogramm mehr.
Bis auf weiteres sind – nicht ohne Parallelen zu den Modellen aus Zuffenhausen – zwei Varianten im Angebot. Der Selbstzünder bürgt für 202 kW / 275 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment, das Spitzenmodell Levante S profiliert sich mit 316 kW / 430 PS. Diese Leistungsskala sollte Gewähr dafür bieten, dass das Italo-SUV, dessen Name von einem warmen Windstrom stammt, der gewöhnlich in der Straße von Gibraltar seine größte Stärke erreicht, kein laues Lüftchen bleibt. Dank seines hohen Drehmoments fällt der Diesel in Sachen Temperament gegenüber dem Benziner kaum spürbar zurück.
Beiden Autos gemein ist ein herzhafter, sportlicher und markenkonformer Sound, der dem Fahrerlebnis die passende akustische Würze gibt. Erwartungsgemäß wirft sich der Ottomotor, der rund 2500 Umdrehungen mehr braucht als der Diesel, um seine volle Durchzugskraft zu erreichen, noch ein bisschen mehr ins Zeug. Je nach Leistungsabruf, Zug- oder Schubstatus faucht, schnalzt, prustet oder schnaubt das Aggregat durch seine Klappen-Auspuffanlage und fordert Aufmerksamkeit vom Straßenrand. Wem das zu prollig ist, wird das Potenzial des Sechszylinders wohl kaum ausnutzen, der die Fuhre bis auf maximal 264 km/h beschleunigen soll. Saftige Zwischengasstöße beim Herunterschalten inklusive sorgt die Steuerungselektronik zuverlässig für jene Portion Emotionalität, die viele weichgespülte SUV vermissen lassen. Die ZF-Acht-Gang-Automatik, die nicht nur im Fiat-Konzern große Verbreitung gefunden hat, sondern auch Jaguar-, Land Rover-, BMW- und Audi-Kunden erfreut, teilt die Kräfte der Brennräume perfekt zu. Wer sich auf automatische Fahrstufen-Wechsel nicht verlassen will oder meint, es besser zu können, dem stehen formschöne, in Aluminium ausgeführte Schaltpaddel am Lenkrad zur Verfügung. Gegenüber den Kunststoff-Paddeln, mit denen beispielsweise Bentley-Fahrer hantieren müssen, ist das sicher ein Gewinn, jedoch stehen sie fest an der Lenksäule und vollziehen die Drehung des Lenkradkranzes nicht mit. Hinzu kommt, dass die linke Schalthilfe den Fingern beim Erreichen des Blinkerhebels hinderlich sein kann. Während die Marke Jeep ihrer militärischen Herkunft wegen eher noch mit olivgrünem Feldanzug assoziiert wird, kann der Levante im Innenraum mit Maß-Couture italienischer Provenienz beeindrucken. Alles ist sehr elegant geformt und harmonisch abgestimmt, mit Leder bezogen und mit Kontrastnähten verziert, so dass es nicht schwer fällt, sich schnell wohl zu fühlen. Handling und Fahrkomfort hingegen halten das Niveau, das die Limousinen Modelle Ghibli und Quattroporte begründeten. Viele von dort übernommene Fahrwerkskomponenten sorgen dafür, dass der heckbetonte Allradantrieb die erforderliche Dynamik auf die Karosserie überträgt. Serienmäßige Luftfederung gewährleistet standesgemäße Beförderung für die Fondpassagiere. Muss einmal ein Pferdeanhänger von der Koppel gezogen werden, ist die Bodenfreiheit um 65 Millimeter zu vergrößern, und es können bis zu 2700 Kilogramm an den Haken genommen werden. Nur für den Levante S gibt es Bremsen von Brembo, deren Name allein für die Güte steht und die bissig den anrollenden Zweitonner verzögern. (ampnet/afb)
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