Donnerstag, 28. Februar 2019 Maserati Ghibli Diesel: Von Modena bis Mittelstand
Maserati Ghibli Diesel. Foto: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert
Nicht immer einfach haben es Luxusmarken. Da geht es von Bologna nach Modena, aus den Händen von Citroen über Peugeot und De Tomaso 1993 schließlich zu Fiat. Eine bewegte Geschichte bei Maserati, die nun mehr und mehr zum Volumenmarke wird. So ziehen neben den kräftigen Ferrari-Biturbo-Motoren nun auch V6-Diesel in Modelle wie den Ghibli ein. Und gerade da selbst ein Maserati einen Hauch von Wirtschaftlichkeit versprüht, steckt Europa im Dieselskandal. So ein Glück beim Imageaufbau muss man erst einmal haben. Ob 6,3 Sekunden für den Spurt von Null auf Tempo 100 km/h dennoch reichen, zeigt unser Fahrbericht.
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Der seit 2013 gebaute Ghibli erhielt 2018 sein zweites Facelift. Aufgeteilt in die beiden Lager Komfort und Sport heißen die Varianten nun GranLusso und GranSport.
Ob das Update nötig ist, müssen sich Käufer selbst beantworten. Serienmäßige Matrix-LED-Scheinwerfer, ein bis zu 35 Prozent gesperrtes Hinterachsdifferential, sowie Keyless-Entry, Softclose-Funktion und einen 8,4-Zoll großen Touchscreen inklusive Kartenlesegerät, USB-Anschluss und Apple-Carplay gibt es sowieso im Ghibli. Der Basispreis von 69 300 Euro für den Ghibli Diesel mit 3,0-Liter-Selbstzünder muss trotzdem erst einmal verdaut werden.
275 PS sind es, die dem Fahrer dann – relativ sparsam – zur Verfügung stehen. Langstrecken werden mit acht Litern Diesel quittiert. Der Aufenthalt im Sport-Modus auf der Kurzstrecke fordert bis zu zwölf Liter ein. Das ist für die Klasse in Ordnung. Auch die Fahrleistungen lesen sich auf den ersten Blick gut: in 6,3 Sekunden ist der Ghibli Diesel auf Tempo 100, 250 km/h können maximal gefahren werden. Im Innenraum herrscht selbst dann noch eine Seelenruhe.
In der Praxis ist das etwas ernüchternd. Der nur einfach aufgeladene V6-Diesel braucht im normalen Fahrmodus eine gefühlte Ewigkeit bis er anspricht, in der Sport-Stufe hängt er besser am Gas und lässt sich mittels aufpreispflichtiger Aluminium-Schaltwippen durch die präzise ZF-Acht-Gang-Automatik dirigieren. Sobald die Turbos arbeiten zieht der V6-Selbstzünder den Ghibli wie am Schnürchen auf Höchstgeschwindigkeit. Ein kleines Gimmick gibt es im sportlichen Modus obendrauf: Mittels eines Soundgenerators bollert der Ghibli dann V8-Musik durch die Gassen, die mit dem Pfeifen des Turbodiesels untermalt wird. Ein eigentümlicher Sound, dessen Prinzip an eine Grille mit zuschaltbarem Megaphon erinnert. Passanten lassen sich von dem Grummeln zwar zu einem besonders prüfenden Blick animieren. Die Erkenntnis, gerade in einem Maserati per Knopfdruck über einen Diesel hinweg zu täuschen, kurbelt aber eine Identitätskrise an.
Das Fahrwerk im Ghibli ist hervorragend gelungen. Es bietet neben der Standardabstimmung noch eine sportliche Variante, die den Ghibli zu Höhen auflaufen lässt. Zusammen mit dem kurzen Lenkgetriebe gelingen auch enge Kurven spielend und sicher. Sobald der Diesel richtig zupackt ist jedoch Vorsicht geboten: 275 PS und bis zu 600 Newtonmeter an der Hinterachse lassen das gesperrte Differential fröhlich mitarbeiten. Die Abstimmung ist heckbetont, so dass sich der Grenzbereich durch beginnendes Rutschen an der Hinterachse frühzeitig ankündigt – außer der Turbo setzt gerade ein. Insgesamt fährt der Ghibli sich damit etwas giftiger als die deutschen Konkurrenzmodelle mit Selbstzünder. Die normale Fahrwerkseinstellung hingegen ist sehr komfortabel und lässt kaum Bodenwellen zum Fahrer durchdringen. Zu den Mitfahrern hingegen schon: Wer auf den Rücksitzen Platz nimmt, wird schon mit 1,80 Metern Körpergröße unweigerlich Kontakt mit der Dachschräge aufnehmen.
Denn der Ghibli ist ein spezielles Auto. Eigenständig von Maserati designt, unterscheidet er sich von der Feder Pininfarinas, die Maserati lange begleitete. Mit der strengen abfallenden Front und dem abgerundeten Heckdesign hat sich der Ghibli schnell in die Herzen gespielt. Bisher ist es das am meisten verkaufte Modell der Marke überhaupt. Anleihen früherer Maserati-Modelle sind gut gelungen, besonders die Kiemen und die allgegenwärtigen Dreizack-Embleme geben dem Ghibli eine eigenständige Identität.
Auch im Innenraum wird das deutlich. Derart hübsch abgesteppte Sitze sucht man bei anderen Marken vergeblich, das ganze Armaturenbrett ist mit Leder bezogen, überall stechen doppelte Ziernähte in Kontrastfarbe hervor.
Fazit: Der Ghibli Diesel ist trotz Selbstzünder ein echter Maserati mit seinem Für und Wider. Er trägt das aufreizendste Kleid und bietet ein komfortables oder dynamisches Fahrverhalten. (ampnet/deg)
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