Donnerstag, 31. Januar 2008 Lexus IS F: Dr. Jekyll and Mr. Hyde
Lexus IS F. Foto: UnitedPictures
Lexus hat sich seine Verdienste bisher mit besonders leisen und schwingungsarmen Limousinen erworben, die es sogar geschafft haben, in den Branche als Massstab anerkannt zu werden. Jetzt wird alles anders, jedenfalls für die Modelle mit dem F im Typennamen. Dr. Jekyll-Lexus hat ein zweites Ich entwickelt. Mit dem Lexus IS F stellt Lexus jetzt einen echten Mr. Hyde vor, der sich in der Karosse eines Lexus IS versteckt und es so richtig krachen lässt, wenn man das will.
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Natürlich - der Jekyll-IS muss sich etwas verändern, um seinem zweiten Ich Platz einzuräumen, Luft zum Atmen und zum Kühlen zuzuführen sowie für ausreichend Abtrieb zu sorgen. Was sich unter der gefälligen und immer noch nicht auffälligen Karosserie wirklich verbirgt, spürt man am besten, wenn man sich dem Neuen von hinten nähert. Vier riesige ovale Auspuffendrohre erzählen, dass vorn ein voluminöser Achtzylinder unter der verlängerten Haube steckt. Der Motor ist ein Bekannter aus dem Lexus-Hybrid LS 600h. In der kräftig überarbeiteten Variante für den F bringt der Achtzylinder-Saugmotor mit fast fünf Litern Hubraum nun 423 PS. Das bringt den 4,66 Meter langen und rund 1700 Kilogramm schweren Viertürer in 4,8 Sekunden auf 100 km/h und erlaubt eine Spitze von 270 km/h. Lexus ist stolz darauf, in dieser Leistungsklasse den sparsamsten Achtzylinder auf die Räder gestellt zu haben. Nach EU-Norm soll er im Schnitt nur 11,4 Liter verbrauchen (Kohlendioxid: 270 g/km). Mit seinem Preis von 69'600 Euro für die komplette Serienausstattung, bei der nur noch das Schiebedach und ein paar Pre-Safe-Funktionen fehlen, legt sich dieser Lexus ganz bewusst mit dem BMW M3 und den AMG-Achtzylindern der C-Klasse an. Da muss die Frage erlaubt sein, ob er auch in Sachen Fahrdynamik und Fahrfreude mithalten kann. Er kann’s offenbar und zwar wieder als Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Wenn er rollt, bleibt alles ganz zivil. Man kann bei kurzen Stössen zwar hören, dass die Federung sportlich straff abgestimmt wurde, aber nicht spüren. Sein Motor lässt erst oberhalb 3300 Umdrehungen pro Minute akustisch "die Sau raus", wenn die Drosselklappe auf Durchzug gestellt ist und der Achtzylinder gar nicht schnell genug atmen kann, um die 505 Newtonmeter maximales Drehmoment zu erreichen. Dann ist es vorbei mit der akustischen Zurückhaltung. Dann kommt echte Achtzylinder-Freude auf. Die schnell schaltende Acht-Gang-Automatik zeigt dann was sie kann, wenn der IS F praktisch ruckfrei seiner Höchstgeschwindigkeit entgegen sprintet. Grosse Brembo-Bremsen und ein ausgezeichnetes Fahrwerk samt elektronischen Helferlein halten ihn sicher auf der Bahn. Nur auf der Rennstrecke wünscht man sich eine etwas direktere Lenkung. Aber welcher IS-Fahrer wird jemals mit seinem Lexus auf die Rennstrecke gehen. Aber er könnte, wenn er wollte, und er wird sich dann wundern, was sein Fahrzeug alles vermag. Aber selbst auf der Rennstrecke beweist Mr. Hyde, dass in ihm auch ein Dr. Jekyll steckt. Anders als andere Leistungsträger bei den schnellen Limousinen bleibt immer noch das Gefühl - und beim gelegentlichen Überreizen auch die Erfahrung, dass in dem Auto immer noch Reserven stecken. Unsere Bekanntschaft mit dem Lexus IS F war nicht lang genug, um wirklich entscheiden zu können, ob er schon M3- oder AMG-Niveau erreicht hat. Aber soviel ist sicher: Der IS F beweist einen anderen Charakter als die Supersportler. Die sind in der Regel auch alltagstauglich. Der Lexus ist auch rennstreckentauglich. Sein Charakter reizt nicht zum ständigen Kräftemessen. Man kann Mr. Hyde locken, wenn Dr. Jekyll Lust dazu verspürt, einmal die Maske fallen zu lassen. Aber Hyde drängt sich nicht in den Vordergrund. Er wartet gern auf seine Chance, aus der Haut zu fahren und hat aber auch nichts dagegen, wenn sein Besitzer mit ihm im Smoking zum Presseball fährt.
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