Samstag, 10. Dezember 2016 Lexus LC 500: Der japanische Ferrari-Killer
Lexus LC 500. Foto: Lexus
Wenn man mit schwenkenden Armen und lautem Hupen konfrontiert wird, heißt das nicht unbedingt: „Aus dem Weg!“ In Sevilla, wo wir den Lexus LC 500 und LC 500h ausgiebig fahren konnen, heißt es: „Drehen Sie mal die Maschine hoch“ oder „Warten Sie bitte kurz, bis wir das Foto im Kasten haben.“ Sehr gerne.
Wenn der Lexus LC eines ist, dann ist auffällig: Dieses Coupé sieht aus jeder Perspektive außergewöhnlich aus. Die scharfen Linien, der massive Frontgrill und die skulpturierte Formensprache funktionieren nirgendwo so gut wie hier. Bei den Limousinen wirken die Linien aufgeregt und störend, bei den SUV gleichermaßen unpassend. Doch beim LC passt alles: Die Form ist so extrovertiert wie elegant. Dieses Luxuscoupé zieht die Blicke auf sich, auch insbesondere, wenn es ungewöhnlich schnell auf den Schnellstraßen der iberischen Halbinsel bewegt wird.
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Unter der kurvenreichen Außenhaut des LC befindet sich eine neukonstruierte Heckantriebs-Architektur, die hochfeste Stähle mit einer Aluminium-Außenhaut kombiniert. Lexus sagt, es sei die steifste Plattform, die man je produziert habe – und das will etwas heißen. Sie fungiert übrigens als Basis der nächsten Generation der Luxuslimousine LS, die im Januar auf der Automesse in Detroit debütiert. Das optionale Dach aus Kohlefaser-Verbundstoff spart nochmals sechs Kilogramm ein – genau dort, wo man es braucht. Und auch die inneren Türverkleidungen sind aus Kohlefaser. Mit derartigen Maßnahmen ist es gelungen, das Gewicht des LC 500 auf 1941 Kilogramm zu drücken; die Hybridvariante LC 500h wiegt allerdings 2011 Kilogramm. Das ist mehr als bei den Rivalen von BMW, Porsche, Jaguar und Honda. Und dennoch agiert die 351 kW / 477 PS stark 5,0-Liter-V8-Maschine mit höchster Souveränität: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert nur 4,5 Sekunden, die Spitze liegt bei abgeregelten 270 km/h. Die Hybidvariante LC 500h, angetrieben von einem 3,5-Liter-V6 und per Lithiumionen-Akkus gespeistem Elektromotor, braucht für den Standardspurt rund fünf Sekunden. Bei beiden Varianten wird die Kraft über eine Zehn-Stufen-Automatik auf die Hinterachse übertragen. Die Schaltvorgänge gehen sanft und nahtlos vonstatten; die Schaltpaddel, mit denen manuell eingegriffen werden kann, haben wir vor allem in der V8-Variante genutzt, die bis zum roten Bereich des Drehzahlmessers sauber und linear hochzieht. Die Hybridvariante verströmt weitaus weniger Emotionen. Das ist vor allem auf der Rennstrecke und bei scharfer Fahrweise zu spüren. Der Hybrid kann sich mit seinem blassen Klangbild und seinem zusätzlichen Gewicht kaum profilieren, und zu allem Überfluss kommt er im E-Modus kaum ein paar Kilometer weit. Enthusiasten werden sich daher zum LC 500 hingezogen fühlen, und sei es nur wegen des verhalten aggressiven Klangs der V8-Maschine. Die klassische Variante war auf der Landstraße und Rennstrecke deutlich leichtfüßiger als der Hybrid. Es bleibt allerdings die Frage: Ist der LC ein Grand Tourismo oder ein echter Sportwagen? Die Außenhaut deutet auf letzteres hin, doch in seinen Eigenschaften bleibt der neue Lexus ein außergewöhnlich komfortables und anspruchsvolles Coupé, mit hohem Federungskomfort und luxuriöser Ausstattung. Frustriert hat uns das Infotainmentsystem: Das eckige Touchpad-Element auf der Mittelkonsole soll per Handeingabe vom Radiosender bis hin zur Navigation und der Klimatisierung zahlreiche Funktionen kontrollieren. Doch das System ist konfus, überempfindlich und ausgesprochen ablenkend. Wir haben es nicht einmal bei stehendem Fahrzeug geschafft, die Sitze zu klimatisieren – und auch unser Beifahrer hat frustriert aufgegeben. Abgesehen davon ist die Fahrgastzelle jedoch anspruchsvoll gearbeitet, mit hochwertigen Materialien und schwungvollen Linien, die allerdings für sensiblere Natuen geradezu klaustrophobisch wirken. Und die hinteren Sitze sind eher als Erweiterung des Kofferraums zu interpretieren, etwa wie beim Porsche 911.
So sportlich der LC 500 und der 500h gezeichnet sind, so sehr sind das reduzierte Platzangebot und das unlogische Infotainemtsystem dem Appeal der neuen Modelle abträglich. Für rund 100 000 Euro gibt es andere Wahlmöglichkeiten, die weniger Kompromisse verlangen. Und dennoch gilt: Eindrucksvoller sieht kein anderes Oberklasse-Coupé aus. Das allein genügt uns, dem Lexus LC weite Verbreitung zu wünschen. (ampnet/nk/jm)
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