Für den fünf Liter großen und 351 kW / 477 PS leistenden V8-Saugmotor werden sich wahrscheinlich mehr als zwei Drittel der Kunden entscheiden – völlig untypisch für die Marke also. Aber verständlich ist es trotzdem, denn solch ein appetitlich angerichtetes Paket aus großvolumigem Bollersound, immensen Leistungsreserven, hohem Ausstattungsniveau und exklusivem Markencharakter gibt es heute nur selten. Und dass so etwas noch einmal neu auf dem Markt kommt, wird jeden Tag unwahrscheinlicher. Am ehesten könnten noch das in die Jahre gekommene 6er-Coupé von BMW und der Maserati Gran Turismo als Konkurrenten angesehen werden. Auch Jaguars F-Type wird als Wettbewerber genannt, obwohl der ein reiner Zweisitzer ist.
Zur Frage der Sitze im Lexus LC mag es verschiedene Meinungen geben. Offiziell wird das Coupé als 2+2-Sitzer gehandelt, und wer als Erwachsener die hinteren Muldenplätze erklimmt, kann es dort eine Weile aushalten. Vorausgesetzt er gibt den Wunsch auf, eine entspannte Köperhaltung einzunehmen. Besser (und wahrscheinlicher für die Praxis) ist es, die hinteren Sitze gleich als Gepäckraum einzuplanen, denn die 197 Liter Kofferraum (beim Hybrid 172 Liter) stehen dem Anspruch, ein Grand Tourer – also ein Reisecoupé für große Distanzen – zu sein, diametral entgegen. Wer weit reist, braucht mehr Gepäck, und deshalb ist es gut, wenn es „+2-Sitze“ gibt. Dass die Ladekante mit 86 Zentimetern auf SUV-Niveau ist, hat nicht nur für die Statistik Bedeutung.
Die hintere Karosseriebegrenzung ist so hoch und massiv gebaut, um dem Coupé Steifigkeit bei dynamischer Fahrt zu verleihen. Und um die Option auf ein Cabrio offenzuhalten. Zusätzliche Versteifungselemente im Unterbau scheiden angesichts des jetzt schon hohen Gewichts von mehr als 1900 Kilogramm eher aus. Seit der Einstellung des SC 430 hat Lexus nichts Vergleichbares mehr im Angebot, so dass die Idee, ein hoch motorisiertes Coupé zu einem offenen Gleiter mit beweglichem Stoffdach zu machen, die Lexus-Ingenieure bereits umtreiben dürfte.
Der Innenraum des LC tröstet diejenigen unter den Lexus-Fans, die trotz finanziell ausreichender Möglichkeiten keinen der 500 Superrenner vom Typ L-FA mehr abbekommen haben. Viele Elemente von dessen Innenraumgestaltung finden sich im LC wieder. Besonders charmant wirkt die etagenartig angeordnete Cockpitarchitektur mit ihren aufgesetzten Lederpolstern in vorzüglicher Verarbeitung, den geschmeidigen Formen der Metallapplikationen und den je nach Ausstattung mit Kontrastfarben und -nähten veredelten Polstern. Während andernorts die Reduzierung von Schaltern, Tasten und anderen Bedienelementen propagiert wird, scheint man ihre Fülle bei Lexus noch immer für einen Ausweis technischer Kompetenz anzusehen.
Natürlich ist der LC, was Sicherheits- und Assistenzsysteme angeht, auf der Höhe der Zeit. Grund zur Suche nach besseren Lösungen ist aber im Navigationssystem zu finden, dessen Trackpad-Bedienung nicht nur ausgeprägte feinmotorische Fähigkeiten verlangt, sondern dessen Kartengrafik nebst Entfernungs- oder Ankunftsinformationen so klein geraten sind, dass man sie manchmal nur mit Mühe entziffern kann. Eine gewölbte Scheibe vor dem Monitor kann nicht alle Reflektionen unterbinden.
Wünsche nach akustisch wirkungsvoller Präsenz stellt der Achtzylinder ebenso zufrieden wie nach einem Ausgleich zwischen Gelassenheit und Bissigkeit. Das Zehn-Gang-Automatikgetriebe ist dafür verantwortlich, dass je nach Fahrstil bei niedrigen Drehzahlen entspannt oder in schnellem Wechsel der Übersetzungen das volle Potenzial an Längs- und Querdynamik erlebbar ist. Sehr gute Sitze halten die Insassen aufrecht, ein niedriger Schwerpunkt (510 mm) und eine feinfühlige Lenkung vermitteln das Gefühl, die Fuhre jederzeit im Griff zu haben. Wird er nicht zu heftig gefordert, bringt der V8 seine Insassen mit zehn bis zwölf Litern je 100 Kilometer ans Ziel, im „Sport+“-Modus und mit Bestzeit-Ambitionen können es schnell 15 werden. (ampnet/afb)
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