Beim Discovery steht TDV6 für den 2,7-Liter-V6 Dieselmotor mit 190 PS und einem maximalen Drehmoment von 440 Nm bei 1800 U/min, HSE für eine nahezu komplette Ausrüstung mit Klimaautomatik, Lederausstattung, einem High Audio System, Bi-Xenon-Scheinwerfern, Luftfederung und Park Distance Control hinten sowie einem permanentem Allradantrieb, zweistufigem Verteilergetriebe und elektronisch gesteuerter Mitteldifferenzialsperre. Unser Exemplar hatte zusätzlich eine Getriebeautomatik, eine Navigationsanlage und eine dritte Sitzreihe und lag damit im Preis deutlich über 50'000 Euro. Wenn im Laufe der Jahre auch noch so viele Modellwechsel und Faceliftings über diese klassischen Engländer hinweggegangen sind und inzwischen eine komplette Modellreihe auf dem Markt ist - Land Rover muss an das Markengesicht seiner Fahrzeuge keinen Gedanken verschwenden. Man erkennt alle Typen an ihrem rustikalen Charme und ihrer militärischen Gradlinigkeit. Bei Land Rover würde kein Designer auf den Gedanken kommen, dem Luftwiderstand zu weichen oder etwa die Grösse des Gefährts zu überspielen. Der Wagen hat Charakter. Draussen wie drinnen steht der Nutzen im Vordergrund, manchmal auf Kosten der Bequemlichkeit. Der Fahrer findet sich in einer Umgebung wieder, in der ebenfalls nicht gefälliges Design, sondern nüchterne Sachlichkeit vorherrscht. Zu bedienen hat er auch in der Automatikversion genug, wobei nicht alle Bedienelemente übersichtlich angeordnet und intuitiv bedienbar sind. Um Ablenkungen zu vermeiden, lässt sich die Navigation sowieso nur im Stand bedienen. Zu den Charaktereigenschaften dieses ganzen Kerls von echtem Schrot und Korn zählt auch eine ungewöhnliche Sorge, jemand könne unbefugt die zweigeteilte Heckklappe öffnen. Die lässt sich nur bewegen, wenn der Zündschlüssel abgezogen ist. Beginnt die Reise, zeigt der HSE einmal mehr seinen rustikalen Charakter. Derselbe Dieselmotor, der im Jaguar viel Lob geerntet hat, gibt sich im Land Rover wie ein Diesel von gestern - mit langem Vorglühen und lautem Nageln in der Warmlaufphase. Davon hört man drinnen allerdings nichts. Das Geräuschniveau ist niedriger als erwartet. Mit diesem Diesel wird der leer mehr als 2500 Kilogramm schwere HSE nicht zu einer flinken Gazelle. Er bleibt seinem Charakter treu und beschleunigt in 11,5 Sekunden auf 100 km/h, also zügig, ohne allzu viele Startduelle an einer Ampel gewinnen zu können. Wir fanden 160 km/h auf der Autobahn eine angenehme maximale Reisegeschwindigkeit, haben dann aber auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Durchschnittsverbrauch sich dann auf die 14-Liter-Marke zubewegt, was angesichts von Form (Luftwiderstandsbeiwert 0,41) und Masse eigentlich niemanden verwundern kann. Die maximale Geschwindigkeit soll laut Auto-Reporter bei 180 km/h liegen. Der grosse Kerl hat auch eine zarte Seite. Seine Lenkung ist überraschend direkt und auch bei hohen Geschwindigkeiten eher empfindlich, was bei Neulingen am Land Rover-Steuer einiger Einübung bedarf. Hat man die hinter sich und den knapp 12 Meter großen Wendekreis ebenfalls verinnerlich, geniesst man den guten Überblick und das Gefühl der Unantastbarkeit. Wer will einem schon etwas anhaben, wenn man in einem Land Rover dieser Grössenordnung reist? Der flösst allen anderen Verkehrsteilnehmern Respekt ein, sofern sie nicht noch grösser sind. Leute mit Charakter haben es im Leben oft nicht leicht, Freunde zu finden. Wenn man sich aber erst einmal auf sie eingelassen hat, ist die Bindung oft tief. Bei Autos mit Charakter ist das offenbar nicht anders; denn uns fiel der Abschied von diesem Kerl nicht leicht. (ar)
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