1951, ein Jahr nach der Limousine, debütiert der Lancia Aurelia B20 GT; ein Coupé, mit dem Lancia seinen Platz unter den innovativsten Automobilherstellern festigen wird. Das atemberaubende Design entsteht in der Carozzeria Ghia, wird aber kurze Zeit später durch Pininfarina deutlich überarbeitet und dort auch von Hand gebaut. Neben diversen Coupé- und Cabrio-Sonderkarosserien auf Basis der Aurelia-Limousinen, ist es dieser über sieben Jahre als geschlossener und offener Zweitürer gebaute Sportwagen, der nach dem zweiten Weltkrieg die dynamische Tradition der Marke Lancia fortführt. Technisch teilt sich das neue Coupé die Plattform mit der B21-Limousine. Den V6-Motor kennzeichnen im Sportwagen eine höhere Verdichtung, zwei Weber-Vergaser und eine Leistung von 75 PS. Der Wagen wiegt nur 1000 Kilogramm und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Nur zum Vergleich: Der Porsche 356 in der 1300er Version bringt es 1951 auf eine Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h. Als klassischer 2+2-Sitzer konzipiert, bietet der Lancia Aurelia, zumindest auf kurzen Strecken, vier Erwachsenen Platz. Doch er versteht sich vielmehr als Gran Tourismo, der vorne viel und hinten eher wenig Raum zu Verfügung stellt. Nach 500 gebauten Exemplaren, damals eine durchaus beachtliche Stückzahl, folgt 1952 die zweite Serie des Coupés, nun mit 80 PS, zahlreichen optischen Modifikationen und einem tiefer gelegten Fahrwerk. Ein weiteres Jahr später geht die dritte Generation an den Start; aus dem Aurelia wird im Volksmund endgültig die Aurelia, der Lancia schlechthin. Die Formen wirken noch dynamischer, gleichzeitig aber eleganter und die Leistung des nun 2,5 Liter grossen Sechszylinder steigt auf 118 PS. Auch der Name ändert sich: Lancia Aurelia B20 2500 GT. Die 185 km/h Höchstgeschwindigkeit können wohl nur dann richtig interpretiert werden, wenn erneut die Vergleichsdaten des wichtigsten Konkurrenten aus Deutschland zur Verfügung stehen: Der Porsche 356 1500 Super erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 175 km/h. In der vierten Serie bekommt das Coupé dann die verbesserte DeDion-Hinterachse der Limousine. Resultat: Das ehemals stark übersteuernde Fahrverhalten wird wesentlich neutraler. Interessantes Detail am Rande: Berühmte Karosserieschmieden wie Bertone sind in dieser Zeit Zulieferer für Pininfarina. Zahlreiche weitere Spezialisten steuern technische Feinheiten bei, mit denen sich die Leistung, etwa durch die Nardi-Doppelvergaser-Anlage, auf 132 PS steigern lässt. Es folgen in den Jahren danach zwei weitere Serien, die aber nie wieder die extremen Leistungsmerkmale der vierten erreichen. Dafür ergänzt 1954 eine dritte Karosserievariante die Aurelia-Baureihe: der B24 Spider. Er debütiert im Januar auf dem Automobilsalon in Brüssel. Wieder zeichnet Pininfarina für das Design verantwortlich. Der Zweisitzer wird zu einem der faszinierensten offenen Sportwagen der 50er Jahre. Ursprünglich nur für den amerikanischen Markt konzipiert und deshalb parallel auch America genannt, erhält er einen auf 108 PS gedrosselten Motor. Nach nur kurzer Bauzeit und 240 produzierten Wagen folgt eine stark überarbeitete Variante mit optischen und technischen Korrekturen; vor allem das Verdeck hält nun den Wetterkapriolen wesentlich besser stand. Weil nun alles besser funktioniert, wird aus dem Spider der Convertible. Während der gesamten Produktionszeit des Lancia Aurelia feiern die Coupés diverse Erfolge im internationalen Motorsport. Bei allen grossen Rennsport-Klassikern, der Mille Miglia, der Carrera Panamericana, der Targa Florio oder der Rallye Monte Carlo, sind die italienischen Sportwagen am Start - und nicht selten, wie etwa 1953 nach der Panamericana, 1954 nach der Monte und Mille Miglia, auf Platz eins des Gesamtklassements.
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