Der zweisitzige Miura war von seinem Debüt 1966 an der heisseste Sportwagen seiner Zeit, aber das genügte Lamborghini noch nicht - er plante eine weitere Baureihe, die dritte in nur vier Jahren seit Gründung des Unternehmens. Er stellte sich ein grosses Coupé mit viel Platz für vier Personen und viel Gepäck vor - ein Konzept, das vor 40 Jahren angesagt war. Aufgrund der harmonischen Zusammenarbeit beim Miura wurde erneut die Carrozzeria Bertone als Partner engagiert. Das Studio in Grugliasco bei Turin hatte 1967 schon zwei Showcars gebaut, beim Entwurf des Serienmodells blieb Bertone-Designer Marcello Gandini der Linie des Pirana treu. Der Espada - der spanische Begriff meint den Degen des Matadors beim Stierkampf - bekam eine extrem flache, Karosserie; bei 4,74 Meter Länge und 1,86 m Breite mass sie nur 1,19 m in der Höhe. Der Espada sollte zum besseren Einstieg in den Fond zwei grosse Flügeltüren erhalten, hatte Gandini vorgeschlagen - eine Idee, die Lamborghini mit Blick auf seine avisierte, eher konservative Kundschaft verwarf. Die Türen wurden herkömmlich, aber dafür sehr lang ausgeführt. Der lichte Innenraum bot vier Personen Platz, die Heckscheibe diente zugleich als Kofferraumklappe. Das Reserverad lag unter dem Boden des Gepäckabteils, und ein niedriges Zusatzfenster, von vertikalen Stäben abgedeckt, setzte am Heck einen optischen Akzent. Der Radstand betrug 2,65 m, und die wurden gut genutzt, indem die Ingenieure den Motor relativ weit vorne einbauten. Zusammen mit der Achsaufhängung ruhte er in einem Hilfsrahmen, der den Vorderwagen versteifte. Der Rest der Karosserie bestand, mit Ausnahme der Aluminium-Motorhaube, aus Stahlblech; als tragender Unterbau diente ein Rohrrahmen, den der Spezialist Marchesi in Modena produzierte. Die Mechanik des Tipo 108, wie der interne Code lautete, kam weitgehend von der GT-Reihe beziehungsweise deren Nachfolger Islero. Der bewährte Vierliter-V12 leistete 325 PS bei 6500 U/min; bei 4500 Touren standen 374 Nm Drehmoment zur Verfügung. Eine hauseigene Fünfstufenautomatik leitete die Kräfte weiter; auf Wunsch montierte das Werk ein Sperrdifferenzial an der Hinterachse. Alle vier Räder wurden an doppelten Dreieckslenkern geführt und über Federbeine abgestützt. Alternativ stand wenige Monate nach Produktionsbeginn eine hydropneumatische Federung mit der Bezeichnung Lancomatic zur Wahl, die jedoch selten bestellt wurde. Die Steuerung besorgte eine Kugelumlauflenkung von ZF, anfangs noch ohne Servounterstützung. Scheibenbremsen vom englischen Hersteller Girling kümmerten sich um die Verzögerung. Wie üblich, gab Lamborghini dem Espada eine reichhaltige Sammlung an Instrumenten mit; indes wirkte das Armaturenbrett in seiner Formgebung recht eigenwillig. Dem gepflegten Charakter des Coupés entsprechend, gehörten Lederbezüge, elektrische Fensterheber und eine Klimaanlage zur Serienausstattung. Der zweitürige Espada, der knapp 1,5 Tonnen wog, ließ sich mit dem starken V12 mühelos, entspannt und hochkultiviert bewegen. Das präzise schaltbare Getriebe, starke Bremsen und ein so dynamisches wie sicheres Handling rundeten den Genuss ab. Einem zeitgenössischen Test zufolge beschleunigte das Coupé in 6,5 Sekunden auf 100 km/h, seine Spitze lag bei 245 km/h. Viele Journalisten stuften den Espada als bestes Auto seiner Klasse ein, vor der Konkurrenz aus Italien, England und Deutschland. Der Espada 400 GT gab sein Debüt auf dem Genfer Salon 1968. Unmittelbar danach begann sein Verkauf, und er wurde vom ersten Tag an ein grosser Erfolg; das Coupé erwies sich als zuverlässiger Longseller. 1970 schob Lamborghini die zweite Serie nach, die auch 400 GTE genannt wurde. Der V12 leistete hier 350 PS, der Unterboden wurde leicht abgesenkt. Bei der dritten Serie, die 1973 folgte und 1978 auslief, war die hydraulische Lenkung von ZF Serie.
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