Die Palette der Annehmlichkeiten im kleinen Kalina umfasst auch elektrisch verstellbare Spiegel, beheizbare Vordersitze, eine Klimaanlage und elektrische Fensterheber auch hinten sowie – dank guter Rundumsicht – überflüssige Parkpiepser am Heck. Wenn das Logo auf dem (höhenverstellbaren) Lenkrad nicht wäre, käme man beim Anblick des Cockpits nicht unbedingt auf Lada. Gestaltung und Materialgüte müssen den Vergleich zu anderen Einstiegsmodellen nicht unbedingt scheuen. Alles sitzt passgenau, und in den Griffbereichen finden sich keine scharfen Plastikkanten. Die schwarze Hartkunststofflandschaft lockern die Russen mit Blenden in Carbon-Optik und farblich abgesetzten Türinnengriffen auf, wobei ersteres allerdings sehr schlicht und letzteres beinahe wie übergemalt wirkt.
Längst vorbei sind die Zeiten, in denen ein Lada ohne ESP, ABS oder Tagfahrlicht auskam; dennoch macht vor allem die Beschränkung auf zwei Frontairbags deutlich, dass hier die Uhren immer noch etwas langsamer ticken und der Kalina noch eine Radumdrehung hinter der Neuzeit herfährt. Viel mehr gibt es dann sachlich eigentlich nicht zu bemängeln. Der Rest ist eher Gefühlssache: Nach wie vor arbeitet die Lenkung für europäische Verhältnisse zu indirekt, und die Sitze sind trotz Überarbeitung immer noch zu weich.
Das Platzangebot kann sich sehen lassen. Als Kombi bietet der Kleinwagen annähernd so viel Kofferraumvolumen wie ein Kompaktauto, die Kopffreiheit ist überall üppig und hinten mangelt es auch nicht an Platz für die Beine. Die Rückenlehne ist geteilt umklappbar und hinterlässt keine Stufe im Kofferraumboden, allerdings müssen vorher die Kopfstützen herausgenommen werden. Keinesfalls selbstverständlich sind auch in deutlich teureren Autos Halter für die hinteren Gurte und Gurtschlösser. Alle Türen öffnen sehr weit – vorne sogar fast schon zu weit, denn sind sie ganz offen, muss man vom Sitz aus schon sehr lange Arme machen, um sie wieder zuzuziehen. Der neue 16-Ventiler bewegt sich bei den Fahrleistungen laut Hersteller auf absolut identischem Niveau des auch weiterhin bekannten 64 kW / 87 PS starken Achtventilers. Einziger Unterschied ist das auf 145 Newtonmeter gestiegene Drehmoment. Das sind zwar auch nur fünf Newtonmeter mehr, aber die sind deutlich spürbar. In Kombination mit der im Luxus erstmals von Lada angebotenen Automatik verhilft das dem Kalina zumindest subjektiv zu gewissem Temperament. An der Entwicklung des schnell auf die Gasbefehle reagierenden Getriebes soll ZF mitgewirkt haben. Die Gangwechsel vollziehen sich tatsächlich erstaunlich sanft. Etwas weniger komfortabel geht es beim Beschleunigen zu, denn der Motor dreht dann recht hoch und wenn es sein muss auch gerne bis kurz vor den roten Bereich. Das ist aber weniger aufdringlich als es klingt und darf subjektiv als sportliche Note gewertet werden. Kurzes Lupfen des Gaspedals animiert die Automatik aber ebenso rasch wieder zum Hochschalten. Vier Gänge müssen dem Fahrer allerdings reichen. Eine russische Besonderheit ist der „O/D“-Knopf, mit dem der Fahrer den Overdrive (sic.) deaktivieren kann und sich der Kalina fortan mit drei Getriebestufen begnügt. Das dürfte den russischen Straßenverhältnissen geschuldet sein.
Bis 130 km/h lässt es sich recht gut im Kalina aushalten. Darüber nehmen die Windgeräusche hörbar zu. Bei einem angegebenen Normverbrauch von 7,1 Litern je 100 Kilometer kamen wir in der Praxis auf rund anderthalb Liter mehr: 8,5 Liter. Damit bewegt sich der kleine Kombi absolut im üblichen Rahmen. Fazit: Es geht, wenn auch langsam, mit Russlands größtem Autohersteller voran. Mit dem Kalina bekommen Käufer in der Basisversion für 7750 Euro den günstigsten Kombi auf dem deutschen Markt. In der Ausstattung Luxus bezieht sich das zumindest auch auf die Zusätze „mit Automatik“ und „mit Multimediasystem“. Dafür muss allerdings die magere Airbag-Ausstattung in Kauf genommen werden. (ampnet/jri)
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