Donnerstag, 10. Dezember 2015 Lada Granta: Mehr Auto für weniger Geld gibt es nicht
Lada Granta. Foto:Auto-Medienportal.Net
„Der hat ein Problem“ titelten wir vor zwei Jahren über den Lada Granta – nämlich, dass ein Dacia Sandero immer noch rund 2000 Euro günstiger zu bekommen war als die 4,26 Meter lange Stufenhecklimousine aus Russland. War. Denn das hat sich jetzt geändert. Mit 6990 Euro ist der Viertürer mit dem 480 Liter großen Kofferraum nach einer Preiskorrektur nun nahezu auf exakt gleichem Niveau, wobei sich der Einstiegspreis aber auf eine besonders spartanische Version bezieht. Wer wenigstens Seitenschutzleisten, Colorverglasung und von innen verstellbare Außenspiegel sowie sechs Jahre Garantie gegen Durchrostung haben möchte, muss 500 Euro mehr zahlen. Dafür gibt es dann aber auch noch einen Bordcomputer, elektrische Fensterheber vorn und in Wagenfarbe lackierte Stoßfänger.
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Nein, eine automobile Schönheit darf man nicht erwarten. Die klassische Form einer Stufenhecklimousine prägt den Lada. So weiß am ehesten noch die schlicht gehaltene Frontpartie zu gefallen. Doch wer sieht sein Auto schon von außen, wenn er drin sitzt und fährt? Ein bisschen weiterentwickelt hat sich das Innenraumdesign. Unterm Strich ist alles geordnet und an seinem Platz, nur halt in Schwarz ohne einen sonstigen Farbtupfer. Das konnte der nicht mehr verfügbare Priora deutlich besser. Und die Lüftungsdüsen kennt man – vom Konkurrenten Dacia, den Renault genau wie Lada unter seine Fittiche genommen hat. Es gibt einige, wenn auch recht klein gehaltene, aber ausreichende Ablagen. Dass ausgerechnet ein Auto aus dem Mutterland von Väterchen Frost keine beheizbaren Außenspiegel hat, ist dem Preis geschuldet. Als Luxus hingegen darf die vom Fahrersitz aus zu entriegelnde Kofferraumklappe gelten. Dafür lässt sie sich von außen aber auch nicht ohne Schlüssel öffnen. Der 1,6-Liter-Benzinmotor leistet 54 kW / 87 PS. Die stehen recht gut im Futter, legen bereits knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl ohne Murren los und sorgen angesichts eines Leergewichts von 1135 Kilogramm für ausreichend flottes Vorankommen. Das Fünf-Gang-Getriebe ist zwar etwas knorrig, aber präzise, und bei meist mühelos erreichbaren 170 km/h fühlt sich manch überholter Zeitgenosse bemüßigt, die vermeintliche Schmach nicht auf sich sitzen zu wollen. Dann ist es im Granta aber auch schon ziemlich laut. Wer sich etwas dauerhafter über der auf deutschen Autobahnen empfohlenen Richtgeschwindigkeit bewegen möchte, sollte nicht allzu empfindliche Ohren haben. Wirklich ärgerlich am Granta ist allerdings die sehr diffuse Lenkung. Sie trübt die durchaus vorhandene Fahrfreude dann doch. Vor allem bei höherem Tempo stellt sich da ein etwas schwammiges Fahrgefühl ein. Da hilft die ergonomische Form des Lenkrads wenig. Und beim Bremsen ist die unsensible Lenkung ebenfalls nicht unbedingt von Vorteil.
Auch die Schaltpunktanzeige beweist, dass die Uhren in Russland immer noch etwas anderes ticken. Sie schlägt beispielsweise beim Beschleunigen vor, bis zu zwei Getriebestufen herunterzuschalten, etwa bei Tempo 70 vom fünften in den dritten Gang – umgekehrt muss man den Motor schon auf 2700 Touren bringen, um zum Hochschalten aufgefordert zu werden. In beiden Fällen übertreibt Lada ein wenig – der Motor kann es besser. Dafür geizt der kleine Bordcomputer nicht mit Feinheiten wie Anzeige der Batteriespannung und der Motortemperatur in Ziffern. Er gab uns einen Durchschnittsverbrauch von 7,5 Liten an. Auch an der Tankstelle bestätigte sich, dass der Normwert allenfalls um rund einen Liter überschritten wurde. Stufenheckautos sind in Deutschland bekanntermaßen nicht wohl gelitten, obwohl ihr Vorteil ein großes Gepäckabteil ist. Der Lada bietet hierbei sogar noch eine erstaunlich große und unübliche Flexibilität. Nicht nur, dass sich die Lehne der Rücksitzbank (wenn auch nur am Stück) umklappen lässt, es kann auch noch die Sitzfläche hochgeklappt und sogar ganz herausgenommen werden. Das schafft noch mehr Ladekapazität im ohnehin schon nicht kleinen Gepäckabteil.
Dass man im fernen Togliatti inzwischen aber auch bemerkt hat, dass europäische Käufer ihr Auto nicht zuletzt auch nach Design-Gesichtspunkten auswählen, beweist der Vesta. Das neue und moderner gestaltete Kompaktmodell der Russen, das auch in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft mitfährt, fällt durch die beiden bumerangförmigen Sicken an der Seite besonders auf. Dieses Stylingmerkmal wird auch auf das geplante SUV X-Ray übertragen. Vorher dürfte aber erst einmal der Granta mit Fließheck nach Deutschland kommen. Den gibt es in Russland bereits – und er hat auf jeden Fall eine deutlich hübschere Figur. (ampnet/jri)
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