Dienstag, 1. April 2014 Jeep Grand Cherokee Overland: Viel dran und drin
Jeep Grand Cherokee Overland. Foto:Auto-Medienportal.Net/Busse
Was verbindet einen amerikanischen Geländewagen-Hersteller mit Papiertaschentüchern und Klebeband? Na klar: Jeep, Tempo und Tesa sind als Markenartikel Synonym für eine ganze Produktgattung. Selbst Land-Rover-Fahrer müssen zuweilen ertragen, von ihren neuen Nachbarn am Gartenzaun die Frage gestellt zu bekommen: „Und, wie fährt Ihr Jeep sich so?“ Der Grand Cherokee ist das Juwel im eingedampften Modellprogramm der Marke, das letzte Facelift sollte die Kontur schärfen und das Ausstattungsniveau noch mal verbessern. Mit weltweit rund fünf Millionen verkauften Exemplaren seit der Markteinführung 1992 gehört der Grand Cherokee zu den erfolgreichsten Geländewagen überhaupt. Die Modellpflege fiel umfangreich aus, sichtbar vor allem an der markanteren Frontpartie, wo das Tagfahrlicht nun mit LED-Leuchten und als nach innen geöffnete Klammer ausgeführt ist.
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Da sich die Nachfragesituation beim Grand Cherokee in Deutschland weiter noch als in den Vorjahren in Richtung Dieselantrieb verlagert hat, wurde für diesen Praxistest der drei Liter großer Selbstzünder ausgewählt, der in seiner kräftigeren Version 250 PS leistet. Das Aggregat stammt von der Fiat-Tochter VM-Motori und klingt auch nach längerer Betriebsdauer leider nicht so kultiviert und laufruhig wie vergleichbare Motoren aus einheimischer Produktion. Dennoch steckt noch viel deutsche Technologie im Grand Cherokee, spendete doch in der Zeit der Daimler-Chrysler-Fusion die Stuttgarter M-Klasse die Bodengruppe des Ober-Indianers. Die wuchtige Karosserie bietet den erwartungsgemäß großzügigen Platz im Innern, wo auch die Neigung der Rücksitzlehnen verstellt werden kann. Die Taste zum Schließen der automatischen Heckklappe befindet sich an der linken Innenwand, was jemand, der sie am üblichen Platz an der Unterkante der Klappe sucht, erst mühsam lernen muss. Die Ladekante ist mit 82 Zentimetern recht hoch, geht aber für ein Fahrzeug dieses Kalibers in Ordnung und der fast ebene Stauraum von maximal 1554 Litern ist bequem nutzbar. Wichtigste Neuerung am Antriebsstrang ist das Acht-Gang-Getriebe, bis 2012 musste der Wagen noch mit fünf automatischen Schaltstufen auskommen. Ins Technik-Paket wurde ein TFT-Zentraldisplay geschnürt, es gibt zusätzliche Sicherheits- und Assistenzsysteme sowie ein Infotainment-System mit 8,4 Zoll großem Touchscreen-Bildschirm. Der Grand Cherokee Overland ist mit permanentem Vierradantrieb mit Geländeuntersetzung und variabler Drehmomentverteilung ausgestattet. Zusätzlich erhöht ein elektronisches Sperrdifferenzial mit optionaler Schlupfbegrenzung die Offroad-Fähigkeiten. Die serienmäßige Luftfederung bringt eine variable Bodenfreiheit mit sich, die per Knopfdruck zwischen etwas mehr als 20 und 27 Zentimetern verändert werden kann. Beim Fahren auf höchstem, „Offroad 2“ genannten, Niveau stellt sich beim Testwagen allerdings ein unerwarteter Effekt ein. Das Überqueren von groben Wurzeln oder Rillen, das Eintauchen in Fuchs- und Schlaglöcher ist mit lautem Poltern an den Radaufhängungen verbunden. Bei abgesenktem Karosserieniveau auf nicht minder holperigen Waldwegen oder auf Kopfsteinpflaster ist diese Fahrwerksreaktion aber nicht zu beobachten. Getriebeuntersetzung für steile Anstiege, Bergabfahrhilfe für die umgekehrte Richtung, Programmwahl für wechselnde Untergrundbeschaffenheit – alles easy und bequem per Taste oder Drehknopf zu bedienen. Die Insassen können sich während der Fahrt über eine sehr behagliche Atmosphäre freuen, viel feines Leder, Holz und Chrom strahlen gediegenen Komfort aus.
Viel dran und viel drin also, weshalb es nicht wundert, dass der Grand Cherokee in einer Disziplin keine Erfolge vorweisen kann: dem Abnehmen. Er ist sogar noch um eine Idee schwerer als der Vorgänger, alles in allem hat jede Pferdestärke rund 10 Kilogramm zu bewegen. Nur gut, dass ein bulliges Drehmoment von 570 Newtonmetern schon bei 2000 Umdrehungen in der Minute zur Verfügung steht, was temperamentvolle 8,2 Sekunden von null auf 100 km/h und eine Anhängelast von bis zu 3,5 Tonnen ermöglicht. Die Tachoanzeige von 211 km/h bei Vollgas lässt die angegebene effektive Höchstgeschwindigkeit von 202 km/h realistisch erscheinen. Dieser Autobahnausflug kann aber wohl kaum allein dafür verantwortlich gewesen sein, dass der Testverbrauch von 9,9 Litern den Prospektwert um 2,4 Liter überschritt. Eher wohl der Kurzstreckenverkehr in der Stadt, und da hätte eine Start-Stopp-Automatik wohl noch Einiges rausholen können.
Fazit: Als lupenreiner Geländewagen mit dem Komfort einer Premium-Limousine steckt im Grand Cherokee Overland mehr, als viele Kunden nutzen werden. Tatsache bleibt, dass er ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bietet, denn für eine gleich ausgestatte M-Klasse oder einen Porsche Cayenne muss man gut und gern 20 000 Euro mehr hinblättern. (ampnet/ab)
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