Dienstag, 13. Januar 2009 Jaguar wird bissiger
Mike O'Driscoll, Managing Director Jaguar Cars. Foto: Auto-Reporter/Jaguar
"Wir bei Jaguar fühlen uns wieder unabhängig." Das war der einzige Satz, mit dem Mike O’Driscoll, der Managing Director Jaguar Cars auf Ford anspielte und gleichzeitig den neuen Besitzer Tata lobte. Diese neue Freiheit will der Hersteller sportlicher Nobelfahrzeuge ausnutzen und kommt nach Detroit mit zwei neuen Motoren, einem neuen Modell und ein bisschen Facelift. Nach O’Driscoll sorgen die Motoren für das Herzblut einer Marke. Deswegen tritt Jaguar gleich mit zwei neuen Triebwerken an. Der Drei-Liter-Diesel entstand aus dem Kooperationsmotor mit 2,7 Litern Hubraum, den einst die französische PSA sowie Ford samt Jaguar entwickelt hatten. Beim neuen Achtzylinder-V-Motor Benziner mit fünf Litern Hubraum handelt sich es sich um eine Neuentwicklung. Er hat von seinem Vorgänger mit 4,2 Litern Hubraum nur zwei Teile gemeinsam.
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Die Motorenentwickler im Jaguar-Entwicklungszentrum Whitley, nahe Coventry in England gelegen, haben sich grosse Mühe gegeben, mit diesen neuen Motoren an die Spitze des Motorenbaus vorzudringen. Sie messen sich dabei mit solch edlen Vorbildern wie BMW und Lexus. Der Lexus-Motor dient auch bei Jaguar als das Mass der Dinge, was Vibrationen und Geräuschentwicklung angeht. Da zeigen die Daten der Jaguar-Techniker, dass die Neuen den Lexus überbieten können. Bei den BMW-Motoren haben die Entwickler eher solch Eigenschaften wie Ansprechverhalten, Laufkultur, Drehmomententwicklung und -verlauf im Blick. Hier zeigen die Daten, dass die Jaguar-Motoren denen der Bayern in vielen Punkten ebenbürtig und in einigen Punkten überlegen sind. Besonderen Wert legt man bei Jaguar auf das Verhalten der Motoren in den unteren Drehzahlbereichen. Das mag für einen Sportwagenhersteller erstaunlich klingen, aber die Recherchen des Unternehmens hatten ergeben, dass die Kunden ihren Jaguar in 80 Prozent der Fälle bei Drehzahlen unter 2500 Umdrehungen pro Minute bewegen. Die neuen Jaguar-Motoren bauen deswegen schon bei sehr niedrigen Drehzahlen auf hohes Drehmoment, mehr als vergleichbare Motoren. Das erleichtert das Anfahren und das aus dem Drehzahlkeller Herausbeschleunigen. Grundsätzlich gilt auch für die neuen Jaguar-Triebwerke, was heutzutage für viele neue Motoren gilt: mehr Leistung, weniger Verbrauch oder doch zumindest keine Verschlechterung der Verbrauchswerte bei höherer Leistung. Der wesentliche Vorteil beim Achtzylinder-Benziner besteht im höheren Drehmoment. Der Zuwachs bei der Leistung stammt eher aus dem Zuwachs an Hubraum. Der Unterschied zwischen alt und neu fällt bei den Dieseln gewaltig aus: In der stärkeren der beiden Versionen sind es 32 Prozent mehr Leistung und unter 1500 U/min sogar 61 Prozent mehr Drehmoment als beim Vorgänger. Das Motorengeräusch blieb von der Neuentwicklung nicht unberührt. Schliesslich wollte man das Geräusch dem neuen Mass an Fahrdynamik anpassen, ohne allzu aufdringlich zu wirken, wie es ein Entwickler formulierte. So entstand für die neuen Motoren ein ähnlicher Klangcharakter. Für einen Jaguar reicht das Spektrum nun vom typischen Schnurren, über ein tiefes Grummeln bis hin zum Raubtierfauchen. Zusammen mit modernen Technologien zur Verbesserung der Fahrdynamik und viel Feinarbeit am Äusseren und Inneren verpasst Jaguar seinen Fahrzeugen einen neuen Schub: Sportlich will man sein und bestimmt nicht weichlich, eher kernig, bestimmt nicht komfortabel, eher luxuriös und das mit der altbekannten Mischung von edel, modern, gediegen und stark. Soviel ist sicher: Jaguar nähert sich in der Tata-Ära wieder den geschätzten Markenwerten. Mike O’Driscoll konnte sich jetzt jedenfalls die Bemerkung nicht verkneifen, dass man bei Jaguar wieder über ein Motorsportengagement nachdenke. Mit den neuen Benzinmotoren haben die Briten jedenfalls gutes Ausgangsmaterial in der Hand. Der Achtzylinder-Benziner mit fünf Liter Hubraum wird als Saugermotor und als Kompressormotor (Supercharged) angeboten. Die Motorblöcke sind identisch. Der Unterschied findet bei beiden Direkteinspritzern im Kopf statt. Die Saugerversion bringt es auf 385 PS, der Kompressormotor auf 510 PS und ein Drehmoment von 625 Newtonmeter zwischen 2500 und 5500 U/min. Der Sauger erreicht 515 Nm bei 3500 U/min. Der Verbrauch liegt unter dem der Vorgängermotoren mit 4,2 Liter Hubraum, die Leistung des Neuen mit dem Doppel-Vortexkompressor um 23 Prozent und das Drehmoment um zwölf Prozent höher. Bei der Sauger-Version sind die Unterschiede noch bemerkenswerter: 29 Prozent mehr Leistung und 25 Prozent mehr Drehmoment. Beide Motoren entsprechen der künftigen Abgasvorschrift EU5 und erfüllen auch die strenge US-Vorschrift ULEVII. Ob auch der neue Drei-Liter-Sechszylinder Diesel zu den Ultra Low Emission Vehicles (ULEV) gehört, hat man bei Jaguar offenbar noch nicht geprüft. Denn der Diesel ist zunächst eine europäische Spezialität.
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