Sonntag, 10. April 2011 Neue Motoren, Wachstumsstrategie: Jaguar tritt voll aufs Gas
Foto:Auto-Medienportal.Net/Jaguar
Die Stimmung bei Jaguar hat sich gedreht. Als die Engländer ihr neues Flaggschiff, den XJ, vorstellten, zeigte sich erste hoffungsvolle Zuversicht, gepaart mit der Sorge, wie sich der neue Besitzer verhalten würde. Das ist jetzt klar. Man hat einen Plan und mit dem indischen Tata-Konzern einen Besitzer, der ihn finanziert. Nun tritt Optimismus, fast schon Euphorie an die Stelle der Zuversicht. Man glaubt an die Strategie, hat eine Vision und will nun erst einmal 1000 Ingenieure und Techniker einstellen, um auch bei den neuen Modellen voranzukommen.
|
Doch bevor neue Modelle auf den Markt kommen können, werden noch viele Monate ins Vereinigte Königreich gehen. Das Produkt-Portfolio zu erweitern, dauert eben seine Zeit. Die abzuwarten, erfordert Geduld, bei den Menschen von Jaguar sicher ebenso wie beim Tata-Besitzer Lakshmi Mittal und dem Chef seiner Autoaktivitäten, dem ehemaligen Opel-Boss Peter Forster ebenso wie beim Jaguar-Chef Dr. Ralf Speth. Alle Strategien für die überschaubare Zukunft müssen vom bestehenden Modell-Mix bei Jaguar ausgehen.
Da gibt es das Modell Jaguar XF, das den wirtschaftlichen Erfolg tragen muss, weil es das meistverkaufte ist. Darüber manövriert das Flaggschiff XJ und daneben der zweisitzige Sportwagen Jaguar XK. Diese ungewöhnlich kleine Auswahl reicht nicht, um mehr zu wachsen als der Markt. Jaguar muss sich mit jedem Modell so breit wie möglich mit Varianten aufstellen, die neue Kunden erreichen. Grundsätzlich stehen dafür zwei Richtungen zur Wahl, referiert Adrain Hallmark, Global Brand Director Jaguar, jetzt bei einem Pressetermin in Jaguar-Design- und Entwicklungszentrum in Whitley: Man geht mehr in Richtung edel, ohne dabei den grundsätzlichen Anspruch auf Sportlichkeit aufzugeben und man entwickelt in Richtung Leistung und Sport weiter.
Ein Beispiel dafür liefert das Sportcoupé Jaguar XK, für das es ja bereits eine R-Version gibt. Im März in Genf konnte man dann eine noch mehr aufgeladene Variante bewundern: den Jaguar XKR-S mit 404kW / 550 PS PS und einer Karosserie, die alle Zeichen eines Hochleistungsautos trägt, einschließlich eines massiven Heckspoilers, natürlich aus Carbon, wie viele andere Teile innen und außen ebenfalls. Beim XK hat Jaguar diese Spreizung also bereits geschafft, und auch für den aktuellen XF gibt eine Leistungsvariante. .Die fehlt jetzt nur noch beim XJ.
Das wird alles weiterhelfen, meint Hallmark, aber nicht für den großen Sprung nach vorn reichen. Den muss jetzt Marketing schaffen. Die Marktanteile von Jaguar in seinen bisherigen Märkten sind ausbaubar: In Europa sind es zwei Prozent im jeweiligen Segment, in China nur ein Prozent. Nur Großbritannien überragt die anderen mit 16 Prozent. Daran wird sich auch ohne neue Initiativen wenig ändern; denn Jaguar wächst zwar, aber nicht stärker als der Markt. Mehr Marktanteile werden so schwerlich zu erobern sein.
Hallmark weist mit Schmunzel auf eine Ausnahme beim Marktwachstum hin. In Indien legte Jaguar 2010 um 437 Prozent zu. Hallmark verkneift sich die absoluten Zahlen, weist aber darauf hin, man sehe sich in Indien zum Erfolg verpflichtet, schon wegen Lakshmi Mittal. Indien bezeichnet Hallmark als den parallelen Heimmarkt, auf dem man im Premiumsegment zum dominanten Spieler zu werden verpflichtet sei.
Der Erfolg im Markt beginnt mit der Analyse desselben. Hallmark nennt die wesentlichen Ergebnisse der Analyse, die nun in die Produkte einfließen sollen. In den USA fehlt der Allradantrieb. In China sind Achtzylinder wegen der Steuer- und Abgabenregelungen zu teuer. Also bekommt der XJ einen Sechszylinder und kann dann für den halben Preis verkauft werden. Und in Europa? „Wir haben den Wettbewerb in Europa zu bestehen“, sagt Hallmark und beschreibt auch gleich den Jaguar-Ansatz zum Erfolg auf dem Kontinent: Jaguar wird im XF einen 2,2-Liter-Vierzylinder-Diesel anbieten. Der stammt aus der Kooperation mit dem französischen PSA-Konzern, wurde aber – selbstverständlich – gründlich für den Jaguar überarbeitet und mit dem Acht-Gang-Automatikgetriebe von ZF kombiniert. Der Motor leistet 140 kW / 190 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 450 Newtonmetern schon bei 2000 Umdrehungen pro Minute (U/min). Nach EU-Norm verbraucht der XF im Schnitt nur 5,4 Liter auf 100 km und emittiert 149 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer.
Und auch das wird noch nicht das Ende sein. Adrian Hallmark: „Sie werden uns in Nischen finden, in denen sie nie einen Jaguar oder einen Land Rover vermuten würden.“ (ampnet/Sm)
|