Im Grunde genommen ist das Verfahren der Brennstoffzelle ein uralter Hut, das schon der britische Rechtsanwalt und Physikprofessor Sir Robert Grove vor knapp 180 Jahren entwickelte. Er drehte einfach das 1800 entdeckte Prinzip der Elektrolyse um, tauchte ein Stück Zink sowie einen winzigen Platinbarren in verdünnte Schwefelsäure, verband beide Metalle mit einem Kupferdraht und stellte fest, dass zwischen beiden ein schwacher elektrischer Strom zu fließen begann.
Zu jener Zeit, da Wissenschaftler den Geheimnissen der Elektrizität auf der Spur waren, galt Groves Entdeckung als Quantensprung. Sie schlummerte allerdings später vorerst in der Versenkung, weil Werner Siemens 1866 den Dynamo entwickelte. Erst die Gemini-Raumkapseln der NASA in den 1960er Jahren nutzten für Funkverkehr und Computer Strom aus Brennstoffzellen. Inzwischen sind eine Menge weiterer Einsatzmöglichkeiten hinzu gekommen, wobei die Mobilität nur einen Teilbereich ausmacht.
Hyundai setzt sich seit 1998 mit der "kalten Verbrennung" - wie Physiker das Brennstoffzellen-Prinzip nennen - auseinander. Sie gilt als Schlüsseltechnologie auf dem Energiemarkt des 21. Jahrhunderts. Wissenschaftler messen ihrer rasanten Entwicklung und ihrer Bedeutung, die sie für die Industriegesellschaft in mittlerer Zukunft haben könnte, eine ähnliche Tragweite bei, wie sie der Mikrochip für die Computertechnologie hatte.
Dass im Motorraum des Nexo eine revolutionäre Technik lautlos ihre Arbeit verrichtet, ist erst bei genauem Hinsehen auf das Heck des Wagens zu erkennen - Auspuffrohre aus denen CO2 oder andere Schadsubstanzen strömen? Fehlanzeige, denn statt umweltschädlicher Abgase bläst die Geländelimousine ausschließlich Wasserdampf nach draußen. War sein Vorläufer ix35 Fuel Cell noch ein normaler Wagen, in dem als Herz lediglich statt einer Verbrennungsmaschine eine Brennstoffzelle schlug, ist der Nexo eine vollständige Neuentwicklung, die nicht nur die Hyundai-Gene mit Eleganz zur Schau trägt, sondern zusätzlich über eine Reihe von neuen Raffinessen für eine ausgezeichnete Aerodynamik mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,32 verfügt. Dazu gehören beispielsweise die versenkbaren Türgriffe oder der verkleidete Unterboden samt strömungsgünstig gestalteter Räder. Scheibenwischer vorne und hinten verstecken sich bei Trockenheit unter Abdeckungen der Karosserie.
Das Platzangebot im Innenraum liegt zwischen den konventionell angetriebenen Hyundai-SUVs Tucson und Santa Fe und bietet Raum für bis zu fünf Erwachsene. Im Vergleich zum Vorgänger ix35 Fuel Cell ist der Radstand um 150 Millimeter auf 2,79 Meter gewachsen, womit er - auch wenn es bescheiden klingt - spürbar mehr Platz bietet als jedes andere aktuelle Brennstoffzellenfahrzeug. Für Transportutensilien und Reisegepäck stehen im komplett ebenen Kofferraum 461 Liter Ladevolumen zur Verfügung, die sich dank der umlegbaren Rücksitzlehnen auf 1466 Liter vergrößern lassen.
Der Fahrspaß für Fahrerinnen und Fahrer des Autos kann sich ebenfalls sehen lassen. 163 Pferde legen auf Anhieb im Galopp mit einer für einen Zweitonner überraschenden Beschleunigung los. Bei den ersten Probefahrten auf kurvenreichen Landstraßen vor den Toren Norwegens Hauptstadt Oslo jedenfalls mussten die Tester am Lenkrad gehörig aufpassen, dass sie das landesübliche Tempolimit von 80 km/h mit Müh und Not einhielten, denn die Polizei Norwegens besteht aus Nachkommen der Wikinger mit deren bekannt unerbittlicher Härte und wenig Nachsichtigkeit.
Zurück zum Nexo. In seine drei Wasserstofftanks mit zusammen 156,6 Liter Fassungsvermögen passen 6,33 Kilogramm H2 bei 700 bar Druck. Sie sind nach wenigen Minuten an der entsprechenden Zapfsäule vollgetankt. Der Hyundai Nexo ist ein Elektrofahrzeug - aber ein besonderes, was sich zusätzlich zum außergewöhnlichen Tanktempo auch an der enormen Reichweite gegenüber den wesentlich geringeren Distanzen herkömmlicher E-Autos mit Batterie zeigt. (ampnet/hrr)
|