Mittelklasse: Wer auch immer diesen Begriff eingeführt hat - er müsste heute noch bestraft werden. Mittel? Von was, bitte? Wie viel ist denn Mittel und hat die Mittelklasse nun Klasse oder eher nicht? Und wenn nicht “Klasse“ in Form von Bewertung, dann bitte “Klasse“ in Form hierarchischer Stufen. Nur, wo befindet sich da die Mittel-Klasse genau? Irgendwo zwischen Oberprima und Untersekunda? Wie dem auch sei. Frei übersetzt ist die Mittelklasse ein vernünftiges viertüriges Familienauto mit 1,6 bis 2,0 Litern Hubraum (Diesel bis 2,5 Liter) und einer Leistung von 75 bis 110 kW. Böse Zungen würden behaupten, dass es kaum langweiliger sein könnte. Aber, so ist es beileibe nicht. Jedenfalls nicht beim Sonata. Gut, Jubelstürme der Begeisterung löst er nicht gerade aus, aber es ist auch nicht so, dass man ihn übersieht. Ähnlich wie beim Golf... Doch fangen wir vorne an. Auf den ersten Blick ähnelt der neue Sonata, bedingt durch den vergrösserten Kühlergrill, ein bisschen dem Lexus IS. Genau betrachtet nicht nur auf den ersten Blick. Beachtlich hierbei: Früher haben die Asiaten die Europäer kopiert - eigentlich machen sie es ja heute noch - doch mittlerweile kopieren sie sich auch selbst. Mal schauen, wo das Ganze noch enden wird. Á pro pos Ende. Auch das Heck des Mittelklasse-Koreaners ähnelt dem der japanischen Luxuslimousine. Da allerdings nur auf den ersten Blick. Er steht gut da, mit seiner neuen Frontpartie und einer Länge von 4,80 Meter. Da die Seitenlinien praktisch gleich geblieben sind, ist die erste Empfindung beim Einsteigen umso beeindruckender. Man fühlt sich gleich zu Hause, obwohl das Cockpit komplett neu gestaltet wurde. Die Materialien wirken hochwertig und erinnern ein bisschen an die First-Class, egal bei welcher Ausstattungsvariante. Und in allen Varianten sind grosszügig aktive und passive Sicherheitsmassnahmen im Preis inbegriffen. Grosszügig ist auch der Innenraum, denn Platz bietet der Sonata für fünf Erwachsene. Selbst im Kofferraum, der 523 Liter fassen soll, ist der Begriff Platz vorherrschend. Allerdings wurde hier an höherwertigen Materialien gespart. Der Grund, sich für einen Mittelklassewagen zu entscheiden, liegt oft auf der Hand oder besser gesagt im Portemonnaie. Man würde schon gern mehr, aber die Vernunft siegt meist. Zu Recht, denn für knapp 24'000 Euro steht ein Fahrzeug vor ihrer Tür, das sich, vorsichtig ausgedrückt, nah an der Premium-Klasse befindet. Okay, Übertreibung sei erlaubt, aber wer dann meint, sein Fahrzeug grossmotorig aufrüsten lassen zu müssen, sollte doch noch einmal in sich gehen. Denn der 2.0 CRDI Selbstzünder, den wir im Test hatten, sei diesbezüglich besonders erwähnt. Er ist leise, mit 203 km/h und 305 Nm durchaus flott unterwegs, und bei einem angegebenen Durchnittsverbrauch von sechs Litern Diesel auf 100 Kilometern sehr sparsam. Diese Angabe stimmt tatsächlich, allerdings nur bei äusserst verhaltener Fahrweise. Die ergibt sich aber fast von selbst. Nicht, dass der CRDI nicht schneller kann, siehe oben, man will gar nicht schneller. Das dahingleiten macht so viel Freude, dass sich der Spritverbrauch zwangsläufig im erträglichen Rahmen hält. Doch wenn man es eilig hat, geht es auch anders. In gut zehn Sekunden ist das Gefährt auf 100 km/h. Allerdings sind dann die sechs Liter nicht mehr zu halten. Thema halten: Der immer wieder, ach so wichtige Seitenhalt der Vordersitze soll laut einiger deutschsprachiger Printpublikationen nicht den erforderlichen Ansprüchen genügen. Das ist natürlich Quatsch. Für nur 32'000 Euro bekommen sie einen vollausgestatteten Sonata 3,3 V6, der sie in 7,7 Sekunden auf 100 km/h katapultiert und erst bei 230 km/h den Vortrieb enden lässt. Das zum Thema "nur". Und jetzt kommen sie. mcn/neschki
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