Zum Ende der für Europa vorgesehenen Produktion im September 2005 ließ der Hersteller via Pressemeldung zwar mitteilen, das „die Super-Sportwagen-freie-Zeit im Honda-Programm ... nicht von langer Dauer“ sein und der „NSX-Nachfolger mit V10-Aggregat“ auf den Markt kommen werde. Die Entwicklung eines „höchst innovativen Technologieträgers“ laufe bereits „auf vollen Touren“. Doch wie sich heraus stellen sollte, wurde nichts daraus. „Der Honda NSX ist meines Erachtens einer der am meisten unterschätzten Sportwagen“, sagt einer, der sich in der Szene auskennt. Marco Werner war nicht nur im Super Tourenwagen Cup als Honda-Werksfahrer auf der Piste unterwegs, sondern holte 2005 mit Audi den ersten seiner insgesamt drei Siege beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans. „Er versammelt alle Attribute, die einen wahren Sportler ausmachen: Technisch hatte Honda alles aufgeboten, was gut und teuer war“, sagt der Rennfahrer.
Schon vor 25 Jahren hatten die Honda-Konstrukteure die Bedeutung des Fahrzeugsgewichts für eine herausragende Performance entdeckt. Das Modell NSX war der erste Serien-Sportwagen weltweit, dessen Karosserie weitgehend aus Aluminium gefertigt war. Innovativ waren auch der Verzicht auf mechanische Steuerelemente für die Servolenkung sowie die Betätigung der Drosselklappen. Deren vollelektronische Aktivierung wurde zu einer der ersten Serien-Anwendungen der so genannten „Drive-by-Wire“-Technologie, die später von vielen Herstellern übernommen werden sollte. Tempomat und Antriebsschlupfregelung werden beim ersten NSX ebenfalls elektronisch gesteuert. Dank der nur 1,20 Meter hohen Karosserie und der gestreckten Silhouette hatte das Auto schnell den Beinamen „Nippon-Ferrari“ weg. Dass es trotz reichlicher Verwendung von Leichtbaumaterial und Verzicht auf mechanische Steueraggregate nicht gelang, das Gewicht des fahrbereiten Autos deutlich unter 1450 Kilogramm zu drücken, lag an dem Komfortanspruch des Sportwagens: Weder auf Klimaautomatik und HiFi-System mit CD-Wechsler mussten die Insassen verzichten, noch auf elektrisch gesteuerte Ledersitze oder Airbags. Polster- und Dämmmaterial bringen zusätzliche Kilos auf die Waage. Die Kunst des Weglassens wurde erst 2002 konsequent geübt: Das Modell NSX-R wurde offiziell mit 1244 Kilogramm gewogen.
Als technisches Meisterwerk entpuppte sich auch der zunächst drei Liter große V6- Motor. Er besitzt Titan-Pleuel und Platin-Zündkerzen, die teuren Werkstoffe trieben den Neupreis zuletzt auf rund 90 000 Euro. Der Motor ist direkt hinter den beiden Sitzen quer zur Fahrtrichtung eingebaut. 1995, also lange bevor zum Beispiel BMW oder Audi mit der Vokabel „Hochdrehzahlkonzept“ operierten, ließ dieser Motor Drehzahlen von bis zu 8000 Touren zu. Seine höchste Leistung erreicht das Aggregat bei 7300 Touren, sein maximales Drehmoment von 304 Newtonmetern bei 5300. In der letzten Ausbaustufe war der Hubraum des Motors 3,2 Liter groß und 280 PS stark. Das reichte für fast ebenso viele Stundenkilometer Höchsttempo.
Das enorme Beschleunigungsvermögen (4,9 Sekunden von Null auf Hundert) und die beeindruckende Top-Geschwindigkeit fordern von den Insassen allerdings eine gewisse Leidensfähigkeit. Der kaum 40 Zentimeter hinter ihren Ohren gelegene Ansaugtrakt und die nur wenig weiter entfernte Abgasanlage verbreiten bei Vollgas eine derart infernalisch brüllende Geräuschkulisse, dass Ohrstöpsel und Helm als hilfreiche Accessoires angesehen werden können. Letzterer bietet sich vor allem dann an, wenn man die Absicht hat, das Targadach abzunehmen. Nicht, dass die Zugluft stören würde. Aerodynamisch ist der NSX immer noch auf der Höhe der Zeit und die Insassen gut geschützt. Aber der fette Krawallsound schwappt ohne Dach noch ungefilterter auf die wie in einem Flugzeug-Cockpit liegenden Insassen. Das hält die Eigentümer der wenigen zum Verkauf stehenden Exemplare aber nicht davon ab, je nach Baujahr und Laufleistung zwischen 20 000 und 70 000 Euro zu verlangen. (ampnet/ab)
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