Endlich lässt Honda seinen heiss gemachten Civic der zehnten Generation auf die Strasse.
Um es vorweg zu nehmen, in der jüngsten Evolutionsstufe des Type R steckt eine ordentliche Ladung an Entwicklungskompetenz. Hat sich der sportlich ambitionierte Fahrer für eine Testfahrt entschieden, verspricht diese unter dem Strich überwältigenden Spass.
Erst einmal in den Alcantara-Sportsitzen Platz genommen, fühlt man sich wie zuhause. Das Lenkrad ist griffig, das digitale Cockpit übersichtlich. Nun noch den zwei Liter grossen Vierzylindermotor mit Turboaufladung per Druckknopf aus dem Schlaf reissen.
Los geht's!
Wir reihen uns mit dem 4,57 Meter langen Civic in den Stadtverkehr und bringen schaltfaul rollend den Motor auf Betriebstemperatur. Ordentlich Emotionen lässt hier das kräftige Äussere mit den vielen Spoilern, Finnen und Luftöffnungen sprechen.
Endlich Landstrasse und freie Fahrt. Der Auspuffklang ist noch verhalten. Ein kurzer Gasstoss lässt den Motor aufröhren - am Heck moduliert das zentral angeordnete Auspuffrohr den Motor-Sound.
Gangwechsel - die Kraft gelangt über eine manuelle Sechsgang-Box mit nun sieben Prozent kürzerer Übersetzung auf die Vorderachse, für optimalen Grip der Vorderräder sorgt das mechanische Sperrdifferenzial.
Voller Gaseinsatz - der 2.0-Vierzylinder-VTEC-Direkteinspritzer stemmt maximal 320 PS und 400 Nm (2500 bis 4500 Touren) auf die Kurbelwelle - dabei stets im Blick die LED-Gangwechsel-Kontrollleuchte.
Der knapp 1,4 Tonnen schwere Honda schnellt wie ein Pfeil Richtung Horizont.
Wir wechseln auf eine extrem kurvenreiche Strecke. Der Civic Type R mit seiner 37 Prozent steiferen Karrosserie, den doppelt geführten Querlenker vorne, der neuen Mehrlenker-Hinterachse sowie der verbreiterten Spur (hinten + 65 mm) setzt den Tatendrang von Pilot und Motor derart perfekt in Vortrieb um, dass es eine Wucht ist.
Brachiales Beschleunigen (in 5,7 Sekunden auf Tempo 100) wird von punktgenauem Bremsen (Brembo-Bremsanlage mit 350-Millimeter-Scheiben vorne) vor den Kurven abgelöst, die Lenkung ist überaus präzise, reagiert direkt auf feinste Korrekturen. Es überrascht, wie kontrollierbar und gutmütig sich der stärkste Civic bewegen lässt.
Unsere nächste Etappe findet auf unbegrenzten Autobahn-Abschnitten statt. Das Fahrwerk ist eine Pracht! Mit stoischer Ruhe im Geradeauslauf und genügend Federungskomfort zieht der Honda Richtung Horizont und demonstriert einmal mehr, welchen Biss er hat. Noch über 240 km/h beschleunigt er kraftvoll weiter bis zur Spitze, die sich auf dem Tacho mit 276 km/h einstellt.
Schnell drängt sich der Gedanke auf, dass bislang kaum ein Kompaksportler solch ein Fahrerlebnis möglich machte.
Klar - sein volles Potenzial spielt der Honda erst richtig auf der Rennstrecke aus und beschert dort ein selten zuvor erlebtes Fahrvergnügen. Wir blicken überzeugt auf die erste Vorstellung am "Paul Ricard High Tech Test Track" zurück.
Wer seinen automobilen Gefühlen - selbstverständlich unter Einhaltung aller Verkehrsregeln - derart freien Lauf lässt, der realisiert dabei nicht den in Aussicht gestellten Normverbrauch von 7,7 Liter auf 100 Kilometer. Dennoch, auch bei einer extrem ambitionierten Fahrweise fliessen selten mehr als 10 Liter durch die Einspritzdüsen.
Entsprechend beeindruckend ist das Gesamtpaket, das Honda mit dem Civic Type R geschnürt hat. Alles passt perfekt zusammen und hinterlässt gerade auch im Alltag einen stimmigen Eindruck!
Zu letzterem ist der neue Honda Civic Type R wesentlich geräumiger geworden und ist mit einem Kofferraumvolumen von 420 Liter sowie dem adaptivem Vierpunkt-Dämpfersystem in der Stufe "Comfort" auch langstrecken- und familientauglich.
Zum Schluss wechseln wir wieder per Wippschalter in den "+R"-Modi - der Honda Civic Type R bietet kompromissloses Racing, wie man es nur kontrolliert auf der Rennstrecke ausüben sollte. Und auf dem Weg dahin kann man sein Glück Kilometer für Kilometer kaum fassen. atn/war
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