Montag, 24. Februar 2020 Das unvermeidliche Ende eines Australiers
Holden Monaro. Foto: Auto-Medienportal.Net/General Motors
Jünger, weiblicher, moderner: Es sind die Standardphrasen moderner Markenführung. Die Gesellschaft ist im Wandel, die Kunden ändern sich, und man weiß natürlich genau, wohin: Da steht es Konsummarken gut an, mitzugehen, sich vielleicht sogar an die Spitze des kundig analysierten Wandels zu setzen.
Das gilt ganz besonders für die Automobilindustrie, denn hier besteht ungewöhnlich großer Nachholbedarf. Das Auto gilt als „männliches” Produkt, es steht für in Ungnade gefallene Werte wie Leistung, Status und Dominanz. Nirgendwo sonst warten die sprichwörtlichen alten Zöpfe so ungeduldig darauf, abgeschnitten und entsorgt zu werden.
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So geschah es auch bei der australischen Marke Holden, deren Schicksal dieser Tage besiegelt wurde. Schon 1908 hatte der frühere Sattelhersteller mit der Produktion von Autos begonnen, seit 1931 gehörte Holden zum GM-Konzern. Die australische Automobilkultur erreichte in den 60er- und 70er-Jahren ihre Blüte: Die Fahrzeuge zeichneten sich durch eher europäisches Format, kombiniert jedoch mit großvolumigen Sechs- und Achtzylinder-Aggregaten aus – und zwar ohne die Abgasbehandlung, die den US-Modellen damals die Leistung abschnürte.
Doch es drohte politisches Ungemach: Schon in den 70er-Jahren regte sich Kritik an den schnellen Autos, und um das Jahr 2000 herum entzog der australische Staat der Industrie endgültig das Wohlwollen: Strikt überwachte Tempolimits und drakonische Strafen zerstörten die Freiheit auf Rädern. Im November 2016 wurde auch die 276 Kilometer lange unlimitierte Sektion des Stuart-Highway im Nordterritorium mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung überzogen. “Wir müssen aufholen”
Da wollte auch Holden mit der Zeit gehen. 2017 endete die Produktion der hinterradgetriebenen Commodore-Limousine, und bei der Präsentation des kompakten Astra im gleichen Jahr sprach die Marke über den bevorstehenden, fundamentalen Imagewandel. Die hubraum- und leistungsbegeisterte Kundschaft – sie war nicht mehr Teil der neuen Strategie. Vielmehr wollte man neue Käuferschichten ansprechen, vor allem Frauen. Schon 2016 hatte sich das Logo geändert: Blasser und weicher – oder auch „femininer”, wie es ein Markensprecher formulierte.
Es wimmelte nur so von Klischees, als Marketing- und Kommunikationschefin Natalie Davey der Presse damals erläuterte, was alles schiefgelaufen sei und nun korrigiert werden müsse. „Wir sind als australische Marke ikonisch“, vertraute Frau Davey damals dem Portal news.com.au an, doch „die Ikone von gestern war Meat Pie (ein Fast-Food-Gericht), Känguruhs und Holden. Wenn man an das Australien von heute denkt, müssen wir aufholen.”
Wohl deshalb lancierte Holden eine Filmchen auf Facebook, das viel Verständnis für die (angeblichen) Gefühle von Frauen beim Autokauf aufbrachte. „Wenn ich als Frau einen Autohändler betrete, fühle ich mich etwas eingeschüchtert,” gesteht darin eine Blondine: „Es ist ein bisschen wie ein Männerclub.” Eine Geschlechtsgenossin behauptet: „Ich finde, dass die Autoindustrie Frauen ungerecht darstellt. Man sieht in den Anzeigen immer Männer am Steuer.” Und echauffiert sich: „Ich fühle, dass dadurch nicht ausgedrückt wird, was ich als Frau repräsentiere.” Gekrönt wurde der politisch korrekte Streifen durch eine Abbildung des Kleinstwagens Holden Spark – sowie eine Ankündigung: „Die Änderungen kommen.”
Leichter gesagt als getan: „Wir können das Holden-Image von gestern nicht über Nacht loswerden”, klagte Frau Davey. Für die „Meat-Pie-und-Känguruh”-Fraktion hatte sie indessen eine besondere Provokation in petto: Holden feierte sein „Outing” als Sponsor des australischen Homosexuellen-Spektakels Mardi Gras. Und proklamierte auf Facebook: „Australier ändern sich und entwickeln sich weiter – und wir auch. Deshalb zeigen wir unsere Unterstützung für Sachen, an die wir glauben.” Zum Beispiel an die Mardi-Gras-Parade oder an die Homo-Ehe.
Die Kritik in den sozialen Netzwerken ob dieser politischen Einmischung ließ Frau Davey kalt: Es sei von absoluter Dringlichkeit, mit der Zeit zu gehen, um nicht „die Zukunft zu riskieren.” Man wolle eine „inklusive” Marke sein und keine Marke, die von primitiver Männlichkeit geprägt sei.
Da ist es nur folgerichtig, dass nun auch das beklagenswerte Ende der Marke Holden von einer Frau beschlossen wurde. Es handelt sich lediglich um eine weitere strategische Fehlentscheidung von GM-Chefin Mary Barra. (ampnet/jm/GTspirit.de)
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