Der Neue trägt alle Charakterzüge des Alten: lange Motorhaube, weit nach hinten versetztes Greenhouse, beim Fastback eine fließende Dachline, die im kurzen Heckstummel endet, beim Cabrio ein Stoffverdeck, das geschlossen an das kurze, aufgesetzte Blechdach alter Mustangs erinnert. Seine Form spricht für den Willen seiner Designer, den Mustang auch in Zukunft unverwechselbar bleiben zu lassen. Tradition verpflichtet. Wir fuhren jetzt eines der wenigen Exemplare, die Europa schon erreicht haben: einen Ford Mustang 5,0 l Ti-VCT-V8, also den Klassiker, mit dem dicken Fünf-Liter-V8. Der schüttelt aus seinen acht Zylindern scheinbar mühelos seine 310 kW / 421 PS, als Sauger bei dem höheren Drehzahlniveau von 6500 Umdrehungen pro Minute (U/min). Auch sein maximales Drehmoment von 530 Newtonmetern (Nm) stellt sich erst bei höheren Drehzahlen – 4250 U/min – ein. Wer Leistung und Moment immer spüren will, darf also gern und heftig mit der Sechs-Gang-Handschaltung spielen, um den Motor im Bereich der Bestwerte zu halten. Dazu liegt der kurze Knüppel genau richtig auf der Mittelkonsole, was niemandem zu schludriger Arbeit verleiten sollte. Bei unserem Exemplar war Exaktheit gefragt. Außerdem verlangten die Gänge fünf und sechs mehr Nachdruck als die anderen. Wem das nicht passt, der kann die Sechs-Gang-Wandlerautomatik wählen und sich in Europa damit als Weichei erkennen zu geben. Das Lenkrad nimmt die Gestaltung alter Mustangs wieder auf, bei denen der dünne, große Kranz auf einer Art Trichter aus den Speichen ruht. Nur greift man hier nicht nach dem Bakelit-Lenkrad der Vergangenheit, sondern nach einem besonders kleinen Lederlenkrad mit einem dicken Kranz. Der liegt gut in der Hand, verdeckt aber weite Sektoren der beiden Rundinstrumente im Blickfeld des Fahrers. Mit der elektromechanischen Lenkung kommt nun auch hierfür eine Einstellmöglichkeit an Bord. Einer der vier verchromten Kippschalter am unteren Rand des Armaturenträgers gestattet die Einstellungen „Normal“, „Sport“ und „Komfort“. Bei der Stellung Sport kann es für den Fahrer schon einmal hektisch werden, weil die sowieso schon direkte Lenkung noch direkter agiert und den Geradeauslauf gern der beruhigenden Hand des Fahrers überlässt. Auch der Charakter des Mustangs lässt sich einstellen: „Normal“, „Sport plus“, „Schnee/Eis“ und „Gelände“ können gefordert werden, wobei die Herren von Ford versicherten, die Stellung Gelände sei die für die Rennstrecke. Das glauben wir Ihnen gern; denn das einzig für den Mustang vorstellbare Gelände ist eine glatte Wiese, auf der er dann mit anderen Ponys grasen könnte. Aber solche Ruhe ist seine Sache nicht. Das erklärt einem der Mustang unmissverständlich, sowie man den Startknopf gedrückt hat. Der Achtzylinder startet zwar erstaunlich ruhig, zeigt aber mit dem Grummeln des großen Hubraums, dass er auch anders kann. Verlangt man genau das von ihm, gibt er sich gesitteter als man es von anderen Achtzylinder in sportlichen Autos gewohnt ist. Er teilt einem deutlich mit, das er gerade heftig zu tun hat, brüllt einem das aber nicht in die Ohren. Auf nasser Fahrbahn war unser Handlungsspielraum eingeschränkt. Wir wollten weder ihn, noch uns überfordern, zumal er uns schon bei etwas heftigerem Anfahren signalisierte, wieviel Drehmoment er bieten kann. Da zuckt das Heck schon einmal deutlich oder drängt in Richtung Kurvenaußenseite. Wer das Driften liebt, wird diesen Hecktriebler schätzen.
In Europa liefert der Kraftstoffverbrauch ein gutes Argument für vier statt acht. Der 2,3-Liter-Motor weist einen 3,7 Liter geringeren Durchschnittsverbrauch auf. Auf der anderen Seite: Der Achtzylinder kostet nur rund 5000 Euro mehr. Das wird bei vielen Freunden von US-Autos zu einem heftigen Streit zwischen Kopf und Bauch führen, zumal dann auch noch die Frage zu klären ist: Fastback oder Cabriolet. Das sind dann noch einmal 4000 Euro Unterschied. (ampnet/Sm)
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