Mit dem Begriff Raptor können natürlich vor allem Kenner der „Jurassic World“-Filmreihe etwas anfangen. Wer den Begriff googelt, dem gibt Wikipedia allerdings erst an zwölfter und letzter Stelle den Hinweis, dass es sich um die umgangssprachliche Kurzform für den Dinosaurier Velociraptor handelt. Die Namensgebung weckt also hohe Erwartungen, die der Pritschenwagen zumindest in einem Punkt nicht erfüllt. Nein, da steckt kein amerikanischer V8 unter der Haube, auch kein V6 und nicht einmal eine leistungsgesteigerte Version des 3,2-Liter-Fünfzylinders der Baureihe. Ein Vier-Zylinder-Bi-Turbo-Diesel mit zwei Litern Hubraum muss – aus ökologischen Gründen – reichen. Er schöpft aus gut einem Drittel weniger Hubraum etwas mehr Leistung und Drehmoment als der große 3,2-Liter-Ranger-Antrieb, der in Kürze der Euro-6d-Temp-Norm zum Opfer fallen wird: 213 PS und 500 Newtonmeter halten den über 2,5 Tonnen schweren Raptor auf Trab. Da fährt die deutsche Konkurrenz mit V6 und drei Litern Hubraum sowie bis zu 258 PS deutlich mehr auf. Aber Papierwerte sind das eine, die Praxis das andere.
Das fängt schon beim Design und den imposanten Abmessungen an. Mit seinem schwarzen Kühlergrill im Stil des großen F-150 Raptor und riesigen vier Markenbuchstaben, seinem üppigen Frontunterfahrschutz mit den frech hervor schauenden Abschlepphaken und den schwarz eloxierten Alu-Trittbrettern mit aufgerauter Oberfläche sowie der fast 17 Zentimeter breiteren Spur mit aufgesetzten Kotflügelverbreiterungen zeigt der Raptor mächtig Zähne und Krallen. Er ist ohne Spiegel über zwei Meter breit. 28,3 Zentimeter Bodenfreiheit und 85 Zentimeter Wattiefe sind ebenfalls Werte, die in dieser Klasse ihresgleichen suchen. Als Topmodell bringt er unter anderem Ledersitzbezüge, die Anhängevorrichtung und das anschließbare Laderaumrollo sowie den Sportbügel serienmäßig mit.
Der Vierzylinder klingt trotz der aus dem Edge bekannten aktiven Geräuschfiltrierung potent. Die Sounddesigner haben hier zum Glück ganze Arbeit geleistet. Akustisch muss zumindest niemand einen V8 vermissen. Dazu kommt eine ebenso sanft wie bei Lastwechsel schnell herauf- oder herunterschaltende Zehn-Stufen-Automatik. Sie kann dennoch nicht ganz über das leichte Leistungs- und Hubraummanko gegenüber Mitbewerbern aus Wolfsburg oder Stuttgart hinwegtäuschen. Auch die großzügig dimensionierten Schaltwippen helfen da bei über 2,5 Tonnen Fahrzeuggewicht wenig. Wirklich spürbar ist das aber lediglich beim klassischen Kick-down, der sich eher unspektakulär vollzieht. Die nackten Werte: 10,6 Sekunden sind es für den Standardspurt von null auf 100 km/h, und bei 170 km/h wird das Tempo elektronisch gestoppt. Im „Sport“-Modus darf sich der Fahrer im Asphaltalltag dennoch emotional gut aufgehoben fühlen. Und auch der Federungskomfort sowie die Platzverhältnisse hinten geben keinen Anlass zur Klage.
Eine der wichtigsten Änderungen beim Raptor gegenüber den „zivilen“ Versionen bleibt dem Betrachter verborgen: Das komplett neue Heavy-Duty-Chassis und die Hochleistungsstoßdämpfer mit Bypasstechnik und 30 Prozent mehr Federweg. Hier erhebt Ford für den Top-Ranger Anspruch auf echte Offroad-Kompetenz. Und die belässt es neben dem robuster ausgelegten Fahrwerk nicht bei den gängigen Allradeinstellungen mit Frontantriebsoption, Getriebeuntersetzung und Hinterachsperrdifferenzial. Neben dem „Normal“-, dem „Sport“- und dem „Gras/Gravel/Snow“-Modus verfügt der Raptor über die 4x4-Programme. „Rock“ und „Mud/Sand“ , die die Parameter von Lenkung, Gaspedalkennung und Getriebemanagement sowie der Regelsysteme an die Erfordernisse des Untergrunds anpassen. Doch das ist noch nicht alles: Kein anderer Offroader bietet eine „Baja“-Einstellung für maximalen Fahrspaß im Gelände, mit der der Ford förmlich über den den harten Sand fegt und über die Düne fliegt. (ampnet/jri)
|