Donnerstag, 4. September 2008 Ford Fiesta: Bieder sieht anders aus
Ford Fiesta Foto: Auto-Reporter/Ford
Ford of Europe ist eine gute Tochter. Dieses Jahr gab sie schon 1,3 Mrd US-Dollar in den USA ab. Und fleissig ist sie auch noch. Wenn Ende dieses Jahres der Ford Ka auf dem Markt debütiert, dann hat man die komplette Erneuerung des Modellprogramms innerhalb von zwei Jahren geschafft. Jetzt kommt erst einmal die vorletzte Neuerscheinung: der Ford Fiesta. In den vergangenen 30 Jahren wurden bereits rund 12 Millionen Fiestas auf die Strassen geschickt, immer als Kind ihrer Zeit und auf der Höhe der Kleinwagentechnik. Bei der bald aktuellen siebten Generation, die am 11. Oktober ihre deutsche Händlerpremiere erleben wird, gewinnt man allerdings den Eindruck, dass man mit der Geschichte des Fiesta als Kleinwagen unter Seinesgleichen komplett brechen will. Der neue Fiesta wuchs zwar nur um drei Zentimeter auf 3,95 Meter, aber wirkt viel erwachsener und solider als seine Vorfahren, obwohl er rund 50 Kilogramm weniger auf die Waage bringt.
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Mit seinem Aussendesign fügt sich der Fiesta in die neue Linie ein, die Ford als kinetisches Design bezeichnet: dominanter, rautenförmiger Lufteinlass zwischen weit in die Flanke hineingezogenen Scheinwerfern, deutlich ausgestellte Radhäuser, stark ansteigende Seitenlinie mit dem Effekt sich nach hinten verjüngender Fensterflächen, eine flach abfallende Dachlinie und ein stark konturiertes Heck mit hochgesetzten Heckleuchten - bieder sieht anders aus. Der Fiesta bewirbt sich um den Preis als jüngster Kompaktwagen seiner Klasse, nicht um den des Kompakten mit der besten Rundumsicht. Innen überfällt einen zunächst sogar so etwas wie ein Kulturschock. Hier durften sich die Designer mehr austoben als sonst bei den Kompakten üblich. Das Multifunktionslenkrad, besonders aber die Mittelkonsole und Blenden mit matt-alufarbenen Einlagen und Flächen auf runden, vorquellenden Formen. Doch was auf den ersten Blick überdreht und verwirrend wirkt, entpuppt sich bei näherer Bekanntschaft nur als Zierde für übersichtliche und ergonomisch richtig angeordnete Bedienelemente. Insgesamt nimmt der Innenraum die Formensprache der Außenhaut auf und bedient sich dabei auch der Farbe, um auch hier das übliche Kleinwagenambiente zu vermeiden. Die stark gegliederte Armaturentafel unter der flach stehenden Frontscheibe wird in hochwertigem Kunststoff ausgeführt, dessen Farbe mit einer der 18 zur Wahl stehenden, zum Teil sehr ins Auge knallenden Aussenfarben harmoniert. Wir hatten den Eindruck, dass die Passagiere auf den Rücksitzen etwas mehr Kniefreiheit als beim Vorgänger und ausreichenden Kopfraum vorfinden. Der Kofferraum nimmt 295 Liter (ohne Reserverad) auf und kann auf 965 Liter erweitert werden. Die Zuladung liegt mit 500 kg bis maximal 900 kg beim Diesel an der oberen Grenze dieser Klasse. Wir fuhren jetzt den Dreitürer mit dem neuen Vierzylinder-Benziner (1,6-Liter-Duratec Ti-VCT) mit 120 PS, der ab Frühjahr 2009 als Sport angeboten werden wird. Dieser Dreitürer bemüht sich mit Erfolg um einer Coupéoptik und glänzt ebenso wie der Diesel mit angenehm niedrigen Verbrauchswerten. Nach Eu-Norm kommt der 1,6-Liter-Duratorq mit 5,6 Liter aus und emittiert 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Der Diesel (1,6-Liter-TDCI) mit 90 PS begnügt sich mit 4,3 Litern, entsprechend 110 g/km. Ebenfalls im Frühjahr wir Ford eine Econetic-Variante mit dem Dieselmotor nachschieben, die nur 3,7 Liter Diesel verbrauchen und damit den CO2-Wert von 98 g/km erreicht. Der Econetic wird etwa 250 Euro teurer als die Version Trend für 14'500 Euro sein. Auch bei den Preisen zeigt Ford, dass man sich vom Fiesta viel erwartet, zum Beispiel eine 8 vor dem Komma beim Marktanteil in Deutschland. Die Skala beginnt mit 11'250 Euro für den Dreitürer mit dem 60-PS-Benziner und endet bei 17'000 Euro für den 1,4-Liter-Benziner (96 PS) mit Vier-Gang-Automatik, den 120 PS-Motor sowie dem Diesel, beide mit Fünf-Gang-Handschalter und wahlweise in den Ausstattungen Ghia oder Titanium. Uns gefiel die Kombination von Fünf-Gang-Handschalter und Diesel am besten. Der stellt jederzeit auch bei schaltfaulem Fahren genug Schub zu Verfügung und arbeitet sogar leiser als der starke Benziner. Überrascht hat uns die elektrische Servolenkung. Sie arbeitet präzise und lässt mehr Strassenkontakt spüren als man es von diesen Lenkungen erwartet. Beim Fahrwerk hat sich Ford ja in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Zu Recht, wie auch der Fiesta zeigt. Er lässt sich sehr sportlich bewegen, verhält sich lange neutral und stützt sich in Kurven und kritischen Situationen auf das ESP ab, das in allen Varianten des Fiesta zum Serienumfang zählt. Dafür gebührt Ford ein Extralob. (ar/Sm)
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