auto top news

„Wir untersuchen die Verletzungsmuster anhand realer Unfälle. Wir wissen, dass Verkehrsunfälle die Haupttodesursache bei Menschen im Alter von 4 bis 34 Jahren sind“, erklärt Dr. Stephen Rouhana, Leiter Sicherheit bei Ford Research & Advanced Engineering. „Wir wollen besser verstehen, warum junge Insassen bei einem Crash andere Verletzungen erleiden als Erwachsene.“

„Unsere Rückhaltesysteme werden entwickelt, damit sie bei einem Crash die Anzahl ernsthafter Verletzungen und auch der Todesfälle verringern. Sie haben sich als sehr effektiv erwiesen“, berichtet Rouhana. „Bei einem Unfall kommt es aber immer noch zu Verletzungen. Je mehr wir also über den menschlichen Körper erfahren, umso mehr Basiswissen haben wir für eine weitere Verbesserung unserer Rückhaltesysteme.“

Die Entwicklung eines digitalen Rechenmodells ist keine einfache Aufgabe. Die Wissenschaftler bei Ford haben 11 Jahre für die digitale Darstellung der Anatomie eines Erwachsenen gebraucht. Digitalmodelle kommen in der Forschung, nicht in der Automobilentwicklung zum Einsatz. Sie sind kein Ersatz für Crashtest-Dummies, die für die Messung der auf den Körper einwirkenden Aufprallkräfte wichtige Dienste leisten. Sie liefern vielmehr Erkenntnisse, wie die Wirksamkeit von Rückhaltesystemen durch ein besseres Verständnis der Verletzungsmechanismen optimiert werden kann.

Das Digitalmodell wird nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt - vom Gehirn über den Schädel und den Nacken bis hin zum Brustkorb und den oberen und unteren Extremitäten. Jedes einzelne Element ist das Ergebnis eines immensen Forschungsaufwands.

„Die Konstruktion eines Modells des menschlichen Körpers ist vergleichbar mit der Konstruktion eines Fahrzeugs“, erklärt Rouhana. „Man beginnt mit der Oberflächengeometrie der einzelnen Baugruppen und der enthaltenen Komponenten – in diesem Fall mit der Geometrie des menschlichen Körpers und der inneren Organe.“

Diese Daten werden durch Auswertung von Scans und medizinischer Fachliteratur gewonnen und sind die Grundlage für den Aufbau eines Modells, das den Körper Sektion für Sektion entstehen lässt. Das Gehirn wurde im digitalen Erwachsenenmodell von Ford als separate Komponente entwickelt, mit einer detaillierten Abbildung des Gehirnstamms, der Gehirnzellen und der verschiedenen Gehirnschichten inklusive der dazugehörigen Gehirnflüssigkeit.

Alle Einzelkomponenten werden dann zu einem virtuellen menschlichen Körper zusammengeführt und gründlich validiert. Mit Hilfe mathematischer und analytischer Methoden sowie vorhandener medizinischer und technischer Daten über die Eigenschaften menschlichen Gewebes ist die Wissenschaft in der Lage, die infolge eines Unfalls und des Eingriffs der Rückhaltesysteme auf den Körper einwirkenden Kräfte zu bestimmen.

„Der kindliche Körper unterscheidet sich wesentlich von dem eines Erwachsenen“, gibt Rouhana zu bedenken. „Das digitale Rechenmodell der Anatomie eines Kindes erlaubt uns in Zukunft die Konstruktion von Rückhaltesystemen, die unsere jungen Passagiere besser schützen.“

Rouhanas Forschungsarbeiten zu den Folgen von Verkehrsunfällen auf den menschlichen Körper wurden vor kurzem mit dem prestigeträchtigen „Award of Merit“ der Association for the Advancement of Automotive Medicine ausgezeichnet. Es ist die höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet, und Dr. Rouhana konnte diesen Award letzten Monat in Paris entgegennehmen.