Donnerstag, 25. Januar 2018 Ford Fiesta 1.0 ST Line: Kleiner Wilder
Ford Fiesta 1.0 ST LIne. Foto: Auto-Medienportal.Net/Michael Kirchberger
Etwas Schminke schadet nicht. Sie soll Hübsches schöner machen oder weniger Schönes zumindest ansehnlich. Beides hat der Ford Fiesta im Grunde nicht nötig. Aus der im Sommer vorigen Jahres eingeführten achten Generation des Verkaufsschlagers ist ein strammes Kerlchen geworden. Mit einer Länge von 4,12 Meter, der Kleinwagen-Klasse fast entwachsen, guckt er frech und selbstbewusst in die Welt.
Neben den konventionellen Ausstattungsversionen Trend, Titanium und Vignale bietet Ford die sportlich gestaltete ST Line an, die Attribute des im Sommer erscheinenden Kraftzwergs Fiesta ST mit 200 PS Leistung zu Markte trägt. Mit tiefer gelegtem Fahrwerk, zweifarbig lackiert und mit wuchtigen Stoßfängern samt Diffusor und Dachspoiler am Heck, geht der kleine Wilde im nicht ganz alltäglichen Look ins Rennen.
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Wir waren mit der mittleren Leistungsstufe des mehrfach prämierten 1,0-Liter-Ecoboost-Turbobenziners unterwegs, die 92 kW / 125 PS anbietet und 170 Newtonmeter Drehmomentspitze von 1400 bis 4500 Umdrehungen in der Minute bereitstellt. Nach dem Anlassen per Startknopf leistet sich der Dreizylinder keine Anfahrschwächen, munter beschleunigt er den unbeladenen 1164 Kilogramm wiegenden Fiesta in 9,9 Sekunden von null auf 100 km/h. Das manuelle Sechsganggetriebe lässt sich flink und präzise schalten, die Wege des kurzen Hebels sind nicht zu lang und erleichtern den schnellen Gangwechsel. Was erfreulich ist, denn Schaltarbeit tut gerade im Stadtverkehr not. Denn so sehr sich der Dreizylinder auch schon im unteren Drehzahlbereich ins Zeug legt, so lautstark meldet er sich dabei zu Wort. Zwischen 1500 und 1700 U/min bestimmt lautes Dröhnen die Geräuschkulisse. Zu allem Überfluss ist die Getriebeabstufung so ausgefallen, dass der dritte Gang in der verkehrsberuhigten 30er-Zone genau diesen Drehzahlbereich trifft, bei Tempo 50 in der Stadt wird die Wahl des vierten Gangs mit kräftig wummernden Frequenzen quittiert.
So fährt der lärmgeplagte Chauffeur lieber im kleineren Gang, was wiederum den Verbrauch steigen lässt. Auch seine Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h erreicht der Fiesta wegen der insgesamt langen Übersetzung im sechsten Gang nur mit Mühe und ewigem Anlauf, im fünften geht das besser. Auf Wegen durch die City waren so Werte um 6,5 Liter die Regel, bei Überlandfahrten begnügte sich der Turbobenziner mit 5,4 Liter auf 100 Kilometer, 5,8 Liter Konsum ermittelten wir schließlich als Durchschnittsverbrauch. Der erlaubt bei einem Tankinhalt von 42 Liter sehr anständige Reichweiten, das Nachtanken ist eine der angenehmsten Aufgaben des Fiesta-Fahrers. Denn auch der kleine Ford ist mit dem deckellosen Einfüllstutzen ausgestattet, die Klappe in der Karosserie dient gleichermaßen als Verschluss.
Die Federung des ST-Line-Fiesta ist knackig abgestimmt, schrammt aber elegant an der Grenze zu mangelndem Komfort vorbei. Rund einen Zentimeter liegt die Karosserie tiefer über dem Asphalt als bei den zivilen Kollegen der Baureihe, geringere Wankbewegungen der Karosserie und eine leichtgängige, aber dennoch gefühlvolle Lenkung machen die beschwingte Kurvenfahrt zum Vergnügen. Dabei hält der Fiesta eine Überraschung bereit. Wer in der Kurve vom Gas geht, provoziert einen Lastwechsel und ein sanft aus dem Ruder laufendes Heck. Das stört dank des gefühlvoll aber wirksam eingreifenden ESP nicht weiter, steht vielmehr für ein sportlich agiles Fahrverhalten und ist ohnehin nur im Grenzbereich zu erleben. Den zu ergründen gelingt nur wagemutigen Lenkradhelden, denn bis dorthin ist es weit. Der frontgetriebene Kleinwagen erfreut außerdem mit fein dosierbaren Bremsen und gutem Geradeauslauf.
Die beiden Fondtüren, sie sind mit 800 Euro Aufpreis zu erkaufen, machen den Fiesta fit für den Alltag und kleinkindtauglich. 292 Liter Volumen hat der Kofferraum, 1070 Liter sind es, wenn bei umgeklappten Rückbanklehnen dachhoch geladen wird. Wenig taugt die dünne Gepäckraumabdeckung. Ihre Aufhängung an zwei Strippen, die sie beim Öffnen der Heckklappe nach oben ziehen, quittierten den Dienst, nachdem sie unter Spannung geraten waren.
Die Platzverhältnisse sind vorne angemessen, hinten kommen zwei Mitfahrer noch halbwegs komfortabel unter, auch wenn sie ihre Beine sorgsam sortieren müssen. Die Kopffreiheit ist ausreichend, Berührungen bleiben auch bei großen Passagieren die Ausnahme und stellen dank der Dachverkleidung aus weichem Webstoff keine Bedrohung dar. Sportsitze für Fahrer und Beifahrer gehören ebenso zum Serienstandard, sie geben dem Oberkörper bei Querbeschleunigung guten Seitenhalt.(ampnet/mk)
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