Der Testwagen, der es auf unsere Verführung anlegte, war ein Dacia Stepway 1.6 MPI, ein Benziner also (64 kW/87 PS). Zur Wahl steht auch ein Dieseltriebwerk (1.5 dCi , 50 kW/68 PS, ab 11.290 Euro).
Die Bodenfreiheit des Stepway übertrifft die der Sandero-Limousine um 20 Millimeter. Das ist nicht viel, macht aber vielleicht doch eher Mut, auch einmal runter von der Straße zu lenken, zumal Seitenschweller und Radlaufschutz vermuten lassen, dass der Fronttriebler nicht zimperlich ist. Konkurrieren will der Stepway mit dem allradgetriebenen Geländegänger Dacia Duster nicht, der auf dem Genfer Salon Premiere hatte (Dacia Nummer Sieben!). Einen Sandero Stepway hebt lediglich sein Crossover-Make-up aus der Schar braver Kompakt-Limousinen heraus. Es ist sein kesser Auftritt, der den Reiz eines Stepway ausmacht. Die Versuchung, mit ihm tatsächlich ein bisschen Abenteuer neben der Straße zu suchen, wird sich vermutlich selten einstellen.
Einsteigenden imponiert die Geräumigkeit des Gehäuses, nicht allerdings die akustische Resonanz beim Schließen der Türen und der Heckklappe. Der Vorgang erinnert nachhaltig daran, dass eine Autokarosserie vor allem aus Blech besteht. Das gut vier Meter lange Auto beschert auch kräftiger proportionierten Erwachsenen kein Gefühl der Enge. Selbst Fondpassagiere, deren Größe sich dem Gardemaß nähert, müssen keinen Dachkontakt befürchten. Der Fahrersitz lässt sich längs verschieben, leider aber nicht absenken. Deshalb wünschten sich sehr groß gewachsene Fahrer beim Blick durch die Frontscheibe ein nach oben erweitertes Wischerfeld. Erreichen ließe sich das mit etwas längeren Wischerblättern.
Das Cockpit haben Materialien aus dem Plastefundus der Designer voll im Griff. Die Lösung ist praktisch, preiswert, aber nicht faszinierend. Der Lenkradkranz geriet wenig griffig, irgendwie zu glatt. Unverständlich schmucklos präsentiert sich die Lenkradnabe mit der billig wirkenden Einfassung des Marken-Logos. Auch „DACIA“ in Plaste! Warum so spartanisch? Wenigsten wird das Markenzeichen an Front- und Heck zum Hingucker.
Der Hupenkontakt sitzt nicht in Lenkradmitte. Das gellende Tüüüt, das bei axialem Druck auf den Blinkerhebel ertönt (eine inzwischen eher seltenere Renault-Lösung), lässt vermutlich auch die Insassen zusammenzucken. Sie müssen die schrille Schallquelle unmittelbar am Ohr vermuten.
Die blasse visuelle Blinkerkontrolle ist nur etwas für Tage mit bedecktem Himmel. Im Sonnenlicht geht sie unter. Dafür hat der gedämpfte Blinker-Piepton seine besondere Prägung, erinnert er doch an die akustischen Signale von Apparaten zur Überwachung lebenswichtiger Funktionen, wie sie in Intensivstationen zum Einsatz kommen. Solche gedankliche Parallele fördert durchaus die Aufmerksamkeit.
Überraschend flott und leichfüßig nahm unser Testwagen Fahrt auf. 87 PS und 128 Newtonmeter Drehmoment sind nicht der Hammer, aber die Parameter erweisen sich als angemessene Motorisierung für das Konzept des Sandero Stepway, der ja nicht als Aufreißertyp auf die Welt kam. In 12,4 Sekunden, verspricht Dacia, kann Tempo 100 erreicht werden. Ab 120 km/h geht es gelassener zu. Wer sich auf den langen Weg zur erreichbaren Höchstgeschwindigkeit begibt (etwa160 km/h), wird daran erinnert, dass der Vierzylinder kein kraftstrotzender Ausbund ist. Erreichte Drehzahlen zwischen 3.600 und 4.500 im 5.Gang (130–160 km/h) gehen nicht ohne Dröhngeräusch ab, das sich hörbar unter der Haube aufbaut und schließlich bis in den Innenraum vordringt. Vermutlich ginge es ruhiger zu, würde eine größere und dickere Dämmmatte auf der Motorseite der Trennwand verwendet. Man kann auch an falscher Stelle sparen.
Mutter Renault hat durchaus Grund zum Lachen. Sind doch die Kinder, die Tochter Dacia in rascher Folge zur Welt brachte, bislang allesamt so geraten, dass sie auch dort beeindruckende Karriere machen, wo sie eigentlich gar nicht auf Eroberung aus sein sollten. Noch ist ein Dacia ein Preisbrecher. Noch! (auto-reporter.net/Wolfram Riedel)
|