Freitag, 8. August 2014 Citroen C4 Cactus: Frechheit siegt
Citroen C4 Cactus. Foto:Auto-Medienportal.Net/Citroen
Bei dem Namen sind Einstiege in den Text wie dieser kaum vermeidbar: Ganz ohne Stacheln kommt er daher, der Citroen C4 Cactus. Und doch setzt er einige Widerhaken, an denen sich die Marke Citroen festmachen und die Wettbewerber spüren werden. Dass er – wie alle Kakteen – genügsam ist, wird andere nicht stören. Dass er aber – im Gegensatz zu fast allen Kaktusarten – glatt ist wie der sprichwörtliche Kinderpopo dasteht, dürfte angesichts von Kanten, Keilen und Sicken gerade beim Design aktueller Kompakter irritieren. Der Citroen C4 Cactus fällt also aus dem Rahmen, aber ganz gewiss nicht unangenehm. Die Proportionen stimmen, die Räder stehen in den Ecken und schaffen einen langen Radstand, das Verhältnis zwischen Karosseriekörper und Glasflächen passt, glatte Flächen und Rundungen mit großen Radien bestimmen die Oberflächen.
|
Das Gesicht zeigt ein freundliches Lächeln, während die luftgefüllten Kunststoffteile an den Flanken (Airbumper), die großflächigen Kunststoffteile an Front und Heck, aber auch die Dachreling – flach wie ein Ski – den Hauch Exotik bringen. Citroen war bei Fahrzeugdesigns oft schon richtungweisend, beginnend in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhundert mit der legendären Ente (2CV) und dem DS 19. Nun hat die Marke das Vorbild DS 19 konzernintern weiterreichen müssen an die neue Luxus-Abteilung mit den DS-Modellen. Auch deswegen eignet sich die Ente perfekt als Vorbild für den Cactus. Soll der doch auch so etwas wie ein Bekenntnis zur klareren Abgrenzung der Citroen-Modelle von den DS-Typen liefern. Design sollen Citroens zeigen, am besten vorbildliches, Komfort sollen sie bieten, ebenso wie nützliche, aber nicht überkandidelte Technologie, und bezahlbar sollen sie sein. Das Außen-Design haben wir abgehandelt. Das passt. Beim Komfort können wir uns auch beim Cactus darauf verlassen, dass die Franzosen ihrer Tradition folgen. In der Tat erlaubt der lange Radstand eine eher weiche Gangart. Auch die Sitze unterstreichen den Komfortanspruch. Sie sind breit und weich, geben aber dennoch dem Körper recht gut Halt. Der Fahrer sieht sich einem flachen und aufgeräumten Armaturenträger mit einem ungewöhnlich großen, nach oben öffnenden Handschuhfach gegenüber. Diesen unaufgeregten, sinnvollen Aufbau verdankt der Cactus-Fahrern der ungewöhnlichen Unterbringung der Airbags im oberen Dachrahmen und der Konzernphilosophie, möglichst viel Bedienung auf den Sieben-Zoll-Touchscreen zu verlagern. Das sieht alles harmonisch aus, wirkt sogar elegant, solange man sich nicht an die Untersuchung der Materialien begibt. Da verlangt der Markenwert Bezahlbarkeit seinen Tribut. Billigere Materialien und pfiffige Ideen statt herkömmlicher Technik senken den Anschaffungspreis und leichtere Technik die Betriebskosten. So kommt es zu Hartplastik, zu Ausstellfenstern hinten, zu einer nur insgesamt umklappbaren Rücksitzbank, die man nur zu zweit bedienen kann, und einem Klappmechanismus, der im Laderaum eine hohe Kante hinterlässt. Wir fuhren jetzt einen Citroen C4 Cactus in der zweibesten Ausstattung (Feel) mit dem automatisierten Schaltgetriebe ETG und Start-Stop-System mit Drei-Zylinder-Motor Pure Tec 82 mit 60 kW / 82 PS und einem maximalen Drehmoment von 118 Newtonmetern bei 2750 Umdrehungen pro Minute. Das ließ auch beim geringen Gewicht des Cactus nicht Gutes erahnen. Doch das Erlebnis im Stadtverkehr lehrte uns zweierlei: Der Cactus sticht nicht; er macht nicht aggressiv, sondern führt einem – nicht nur mangels Leistung, sondern mit innerer Überzeugung – weg von Citystress, hin zu einer gelassenen Fahrweise. Die zweite Lehre: Fährt man gelassen, passt das automatisierte Getriebe. Nur an der Ampel wird man manchmal zum Paddel am Lenkrad greifen, um den Umstieg von ersten auf den zweiten Gang zu beschleunigen. Hat man auf dem Touchscreen erst einmal die für sich selbst richtige Grundeinstellung für das Auto gefunden, muss man nur noch selten den Blick auf den Bildschirm in der Mitte richten, es sei denn, man hat sich das Navigationspaket für 490 Euro extra entschieden.
Der Kontakt mit dem Cactus vermittelt den Eindruck, hier haben die Franzosen die vier Kernwerte ihrer Marke (Design, Komfort, notwendige Technologie, bezahlbare Kosten) auf die Räder gestellt, um zukünftige Produkte daran zu messen und sich von den DS-Nachbarn abzusetzen, denen eine Zukunft in einer anderen Preisklasse bevorsteht. So viel Konsequenz wird Freunde finden. Gefragt nach den möglichen Eroberungsraten beim kompakten Wettbewerb, antwortet ein Kollege: Frechheit siegt. (ampnet/Sm)
|