Nachdem die deutschen Truppen abgezogen waren, holte man sie wieder ans Tageslicht, und beim Pariser Salon 1948 standen die ersten Serienversionen im Scheinwerferlicht. Beim ersten Blick auf die durchaus fragwürdige Erscheinung soll der französische Staatspräsident bei der Eröffnung des Salons wenig begeistert gewesen sein, und ein niederländischer Autojournalist schrieb über ein „Hässliches Entlein“. So soll, will es die Legende wissen, der vor allem in Deutschland genutzte Spitzname „Ente“ entstanden sein. In Frankreich blieb es kurz und bündig beim „Deuche“ oder „Deux Vaches“ (zwei Kühe), was dem Temperament des Viertürers entsprach. Kaum zu glauben, dass der 2CV von demselben Team entworfen wurde, das später die DS auf die Straße schickte.
Der 2CV war vor allem für die ländliche französische Bevölkerung entwickelt worden. Trotz seines fragwürdigen Designs wurde der Wagen auf Anhieb ein Erfolg, und die Lieferfristen lagen zeitweise bei bis zu sechs Jahren. Der 2CV machte die Menschen mobil, und mehr wollten die Kunden damals auch gar nicht. Ihnen reichten die vier Türen, der unerreichte Komfort und das Faltdach, das einen Hauch von Savoir Vivre in den harten Nachkriegsalltag brachte. Der 2CV war für seine Besitzer ein „richtiges Auto“, und da waren Fahrleistungen eher nebensächlich. Erst spät in seiner Laufbahn überschritt der 2CV die magische Marke von 100-km/h, und über die Beschleunigung verlor niemand ein Wort. Warum auch?
Mit dem 2CV begann in Frankreich die Massenmotorisierung. In Deutschland war es der Käfer, in Italien die Nachfolger des Topolino, und in Großbritannien der Morris Minor, später vom Mini abgelöst. Gemeinsam war diesen Modellen ihre einfache technische Konstruktion und der Verzicht auf alles, was über die Basismotorisierung hinausging. Die Hersteller trafen damit offensichtlich den Nerv der Menschen. Denn die vielen Primitiv-Konstruktionen, die nach dem Krieg in Deutschland auf den Markt rollten, waren vor allem eins – primitiv – und verschwanden bald wieder von den Straßen.
Käfer und 2CV überlebten am längsten, wobei der kleine Citroën allerdings stets vor allem ein Franzose blieb und nie die Absatzzahlen erreichte wie der Wolfsburger Weltrekordler. Am Ende waren es einschließlich des Kastenwagens rund fünf Millionen Exemplare die weltweit abgesetzt werden konnten. Zwar schafften es einige Exemplare sogar in die USA, und auch die französischen Kolonien nahmen viele Modelle ab, doch seine Heimat blieb die Grande Nation. Während der Käfer sich ständig weiterentwickelte, blieb der 2CV sich treu. Die leicht zerbrechliche Karosserie erzog seine Fahrer bis zum Produktionsende zu einer defensiven Fahrweise, und lediglich die unbedingt notwendigen Neuerungen flossen in die Entwicklung ein.
Trotzdem hielt sich der 2CV mehr als 30 Jahre in der Citroën-Modellpalette und überlebte sogar seinen Nachfolger. Die Dyane kam 1967 auf den Markt und verschwand 1983 wieder. Die Kunden blieben dem 2CV treu. Vor allem in Deutschland. Als die Franzosen sich schon längst von dem „rollenden Regenschirm“ abgewendet hatten, verkaufte Citroën in Deutschland noch immer konstant mehr als 10.000 Exemplare.
Inzwischen hatte sich die Kundschaft allerdings deutlich verändert. Die selbsternannte intellektuelle Elite hatte den 2CV entdeckt und schmückte sich mit ihrem nach außen gezeigten Konsumverzicht. Diese Klientel brauchte keinen Stern und keine fünf Ringe – man zeigte, dass man anders dachte, und da war der 2CV genau das richtige Vehikel. 2CV-Fahrer grüßten sich – das hatten sie mit Porsche-Fahrern gemeinsam – und vergaßen die eingebauten Defizite, die sich vor allem zeigten, wenn der Kleine mal wieder in die Werkstatt musste, und die Mechaniker danach die Rechnungen präsentierten.
Zum Glück hat Citroën nie versucht, eine moderne Neuauflage des 2CV auf den Markt zu bringen. (ampnet/ww)
|