Wer Cadillac schon abgeschrieben hatte, musste sich eines Besseren belehren lassen. Die treibende Kraft hinter dieser Reanimierung der Heckflossen-Sänfte von einst ist mit Sicherheit Bob Lutz. Der Schweizer mit deutscher Vergangenheit ist Chef aller Techniker bei GM. Sicher wird er auch noch ein paar Rüsselsheimer nach Detroit ins Cadillac-Team geholt haben; denn unser Testwagen legte sich typisch europäisch ins Premium-Zeug: luxuriös, stramm, sportlich leistungsorientiert und mit moderner Technik. Unter der Haube arbeitet ein Direkteinspritzer, der sich scheinbar mühelos und mit attraktivem Knurren bis knapp über 7000 Umdrehungen pro Minute treiben lässt. Der Sechszylinder entwickelt 311 PS und bringt sein maximales Drehmoment von 374 Newtonmeter an die 18-Zoll-Hinterräder. Die 100-km/h-Marke schafft er mit seiner Sechs-Gang-Automatik nach 6,3 Sekunden und wird mit 241 km/h Höchstgeschwindigkeit angegeben. Dennoch hat sein Verbrauch so gar nichts Amerikanisches. Im Schnitt (nach EU-Norm) verbraucht der 3,6-Liter-CTS mit 11,1 Liter pro 100 km/h, was einen Ausstoss von Kohlendioxid von 264 Gramm pro Kilometer entspricht. In der Praxis sind dies unsere Erfahrungswerte: Landstrasse zehn Liter, schnelle Autobahn 15 Liter und mehr, im Schnitt knapp 14 Liter Super-Benzin, wobei der Motor auch Normal-Benzin verträgt. Dieser Cadillac muss also den Vergleich mit seinen europäischen Wettbewerbern beim Motor und dessen Verbrauch nicht scheuen. Hatte Bob Lutz nicht vor gar nicht so langer Zeit die Devise ausgegeben, bei GM müsse mehr auf die Gestaltung des Innenraums und die Verarbeitung geachtet werden? Hier meldet ein Hersteller den Vollzug. Der CTS in der Top-Ausstattung Sport Luxury überrascht mit einem insgesamt sportiven, aber eleganten und durchaus auch hochwertig wirkenden Innenraum. Dabei fällt die saubere und passgenaue Verkleidung des Innenraums mit Leder besonders positiv auf. Aber auch die Armaturen mit ihren Akzenten aus glänzendem und mattem Aluminium sowie dem typisch rotbraunen Applikationen überzeugen. Die Sitze sind nicht mehr so dick wie bei den Vorgängermodellen. Das wird die Hinterbänkler freuen, denen dadurch mehr Platz zur Verfügung steht. Die Vordersitze lassen sich elektrisch verstellen, könnte aber gut ein paar Zentimeter mehr Länge als Oberschenkelauflage vertragen. Dafür erlauben sie ausreichenden Seitenhalt. Den kann man allerdings auch gut gebrauchen; denn der CTS ist ein Meister der schnellen Kurven. Seine Lenkung arbeitet präzise, das Fahrwerk hält stur die eingeschlagene Bahn bei, die Seitenneigung hält sich in Grenzen. Auf Autobahnen ist der CTS in seinem Revier, aber auch auf Landstrassen macht er keine schlechte Figur, hier kann er seine Gleiter-Eigenschaften ins Fahrvergnügen einbringen und sich mit seiner Brose-Anlage als rollender Konzertsaal profilieren. So viel Amerika muss sein, und wir Europäer mögen das schliesslich auch. Das Stichwort "mögen" bringt uns direkt zum Design. Das kann man schon deswegen mögen, weil es so gänzlich anders ausfällt, als das, was uns die europäischen Hersteller zur Zeit bescheren. Cadillac bekennt sich zur Senkrechten, zur klaren Kante und zur extremen Keillinie. Das verbessert zwar nicht gerade die Übersichtlichkeit nach hinten, hebt ihn aber sehr überzeugend von den anderen ab. So kann man sich an ihn gewöhnen. Was kostet der Spass? Der Grundpreis für den Sport Luxury mit Automatik-Getriebe liegt bei 46'490 Euro.
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