Montag, 23. März 2015 Cadillac Escalade: Monument auf Rädern
Cadillac Escalade. Foto:Auto-Medienportal.Net/Cadillac
Alles ist relativ: Auch große SUV können plötzlich unerwartet klein wirken. Dann zum Beispiel, wenn dem Fahrer eines Cadillac Escalade ein Mercedes-Benz ML entgegenkommt. Der schrumpft gefühlt plötzlich zum Kompakt-SUV, und selbst ein Range Rover der Vorgängergeneration wirkt auf einmal nicht mehr ganz so groß. Mit 5,18 Meter ist der Escalade gar nicht einmal so übermäßig lang, für den massiven Aufttritt sorgt vor allem seine mächtige Statur mit der hohen Motorhaube, die keinerlei Rundungen zu vertuschen versuchen.
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Die Plattform des Cadillac wird auch für andere SUV von General Motors, beispielsweise den Chevrolet Tahoe, verwendet. Was den Escalade aber von allen anderen Modellen abhebt ist die Innenraumgestaltung. Hier dominiert Handarbeit, und was nach Leder oder Holz aussieht, das ist auch Leder und Holz. Lediglich ab den Rückenlehnen der zweiten Reihe lässt der Luxus beim Material ein wenig nach, ohne dass das jedoch allzu sehr ins Gewicht fällt. Apropos zweite Reihe. Hier nehmen Mitreisende in der Regel in sehr bequemen Einzelsitzen Platz und müssen weder auf individuelle Klimatisierung noch auf einen eigenen Entertainment-Bildschirm verzichten. Auf Wunsch kann aber auch eine Sitzbank bestellt werden, so dass der Escalade zum Achtsitzer mutiert, denn in der dritten Reihe gibt es eine getrennt und elektrisch umklappbare Dreierbank.
Erstmals bringt Cadillac auch die über einen halben Meter längere Langversion – ESV genannt – des Escalade nach Europa. Sie kostet lediglich 2200 Euro mehr und bietet bei sieben- bis achtsitziger Bestuhlung nicht nur mehr Kofferraum, sondern vor allem in Reihe drei deutlich mehr Komfort, da die Achse weiter nach hinten wandert. Der dadurch tiefere Boden verschafft den Beinen auf den letzten drei Plätzen ausreichend Raum.
Man traut sich kaum es zu sagen, aber das monumentale Gefährt weckt hinter dem Steuer tatsächlich das Gefühl, den einen oder anderen Vordermann im dichten Stadtverkehr wie mit einem Bulldozer ein wenig vor sich herschieben zu wollen – oder um es netter zu formulieren: Im Cadillac Escalade fühlt man sich sicher wie in einer Trutzburg oder einer Ritterrüstung. Fahrer und Beifahrer thronen förmlich über dem Asphalt und werden durch eine der mächtigsten Mittelkonsolen außerhalb der Lkw-Welt getrennt.
Die klassischen Rundinstrumente sind digital ausgeführt, und ein Acht-Zoll-Display in der Mittelkonsole steuert mit Sensortasten die wichtigsten Nebenfunktionen per Fingerwisch oder -druck. Die Sechs-Stufen-Automatik wird nach alt-amerikanischer Sitte über einen mächtigen Stockhebel bedient und verfügt auch über einen Anhängermodus. Etwas eigenwillig und wenig bedienerfreundlich fällt allerdings die integrierte Taste für die manuelle Gangart aus. Aber die muss man in einem Cadillac Escalade ohnehin nicht unbedingt haben, um den V8 in vollen Zügen zu genießen. Die 313 kW / 426 PS und 610 Newtonmeter Drehmoment sorgen auch bei über 2,7 Tonnen Fahrzeuggewicht für ordentlich Druck und erfreuen mit dem typisch bollernden Klang. Das Getriebe wechselt die einzelnen Stufen extrem sanft und gehört zu den in dieser Hinsicht wohl besten Automaten überhaupt. Cadillac gibt 6,7 Sekunden (ESV: 6,9) für den Standartsprint des Allradlers an. Da will eines leider gar nicht ins Bild passen: Der mächtige Amerikaner wird bei 180 km/h elektronisch eingebremst. Sicherheit und Verbrauch gehen hier vor Prestige. 13,1 Liter Normverbrauch gibt Cadillac auch dank Zylinderabschaltung an – und das muss, so unsere Erfahrungen bei einer ersten kurzen Ausfahrt rund um Zürich, nicht unbedingt ein reiner Phantasiewert bleiben. Die Lenkung reagiert gut, gehört aber nicht zu den mitteilsamsten. Nichts zu mäkeln gibt es an der äußerst komfortablen Magnetic Ride Control: Die automatische Fahrwerksanpassung ist laut Cadillac die am schnellsten reagierende Dämpfung auf dem Markt.
Fazit: Der Cadillac Escalade ist ein Monument auf Rädern. Sein äußerer Auftritt mag im doppelten Sinne anecken, beweist aber klassischen Stil. Entweder man mag große amerikanische SUV und einen brüllenden V8 oder eben nicht. Fakt ist, wer etwas aus der Masse nobler SUV hervorstechen möchte, bekommt hier ein verlockendes Angebot – von der Exklusivität ganz zu schweigen. Die diesjährige Charge von rund 200 Fahrzeugen – wohl gemerkt für ganz Europa – soll bereits nahezu verkauft sein. Die Europazentrale in Zürich bemüht sich schon um die Nachbestellung. (ampnet/jri)
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