Montag, 7. Dezember 2009 BMW: Keine neue Testflotte mit Wasserstoffantrieb
BMW legt sein Wasserstoff-Testprogramm auf Eis. Foto: BMW/auto-reporter.net
Seitdem die Elektromobilität mit großem Schwung angegangen wird, sieht es ganz so aus, als gerieten andere alternative Antriebsarten für Pkws in den Schatten allgemeiner Aufmerksamkeit. Im Ringen um den Automotor der Zukunft gerate der Wasserstoffantrieb ins Hintertreffen, urteilt das „Handelsblatt“. Vor allem beim Premiumhersteller BMW gebe es Zweifel an diesem Antriebskonzept. Deshalb würden die Münchener ihren Feldversuch mit Luxuslimousinen, die mit Wasserstoff betrieben werden, nicht weiterführen. Der Zeitung sagte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger: „Es wird vorerst keine neue Wasserstoff-Testflotte geben. Wir arbeiten aber weiter an der Option.“
|
Die E-Mobilität drohe der H-Mobilität den Rang abzulaufen, schreibt das Blatt weiter. Als erster deutscher Hersteller hat Volkswagen der Wasserstoffverbrennung als auch der Brennstoffzellentechnik abgeschworen. Für einen Großeinsatz ungeeignet hielt man diese Technologie. Daimler dagegen hält an seiner Brennstoffzellentechnik fest; eine Kleinserie von B-Klasse-Fahrzeugen ist fest gebont. Spätestens 2015 soll eine Großserie auf den Markt gebracht werden.
Auch Linde-Chef Wolfgang Reitzle will den H-Antrieb nicht abschreiben: „Die Wasserstofftechnologie stand noch nie so kurz vor dem Durchbruch wie heute.“ Daimler und Linde unterschrieben kürzlich mit Shell, Total und OMV sowie den Energieversorgern Vattenfall und EnBW eine Absichtserklärung für den Bau eines flächendeckenden Wasserstoff-Tankstellen-Netzes.
Die Wasserstofftechnologie hält Engelbert Wimmer von der Beratungsagentur PA Consulting für „eine Sackgasse“. Es fehle die Infrastruktur, und weder für die Herstellung noch für die Speicherung gebe es eine effektive Lösung. Hinzu komme „ein veritables Kostenproblem“ der Brennstoffzellen, warnt Stefan Bratzel von der Hochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Wie die Hersteller das lösen wollten, sei nicht absehbar.
Die Autohersteller sähen sich vor einem Dilemma: Sie müssten immer höhere Entwicklungsleistungen für den Klimaschutz aus immer geringeren Margen des laufenden Geschäfts finanzieren. Schließlich verlange die EU, dass ab 2015 der Durchschnittsausstoß der Neuwagenflotte auf 130 Gramm sinkt. Andernfalls drohen hohe Strafzahlungen. Bis 2020 ist von den Hersteller sogar die 95-Gramm-Marke einzuhalten.
BMW hat angekündigt, die CO2-Emissionen seiner Fahrzeugflotte bis 2020 um 25 Prozent zu reduzieren. Die Flotte lag 2008 mit 160 Gramm schon gut im Rennen (VW 166, Audi 176, Mercedes 188 Gramm zum gleichen Zeitpunkt). Die Münchener wollen ihren Vorsprung bei Verbrennungsmotoren halten. Einsparungen von 15 bis 20 Prozent seien noch möglich und die EU-Klimaziele bis 2015 zu schaffen, sagt BMW-Entwicklungschef Draeger mit Blick auf die heutigen Motorengenerationen.
Daimler, Audi und BMW gehen laut „Handelsblatt“ davon aus, dass am Ende der kommenden Dekade noch mindestens 85 Prozent der verkauften Autos einen reinen Benzin- oder Dieselantrieb hätten. Weiteres beträchtliches Sparpotenzial in Sachen Kraftstoffverbrauch lasse sich mit technischen Veränderungen noch beträchtlich verringern. Nebenaggregate wie Wasserpumpen oder Klimaanlagen sollen künftig mit zurückgewonnener Leerlauf- und Bremsenergie angetrieben werden, um den Motor zu entlasten.
Mittelfristig aber brauche BMW Partner in der Motorentechnik und beim Elektroantrieb, um die hohen Entwicklungsausgaben nicht allein stemmen zu müssen, schätzt Engelbert Wimmer von PA Consult ein. Die Münchener planen, bis 2014 unter der eigenen Marke eine Familie von kleinen, wendigen Stadtautos mit Elektromotor auf den Markt zu bringen – in Zusammenarbeit mit SB Li Motive, einem Joint Venture von Bosch und Samsung, das die Batterien liefern soll.
Entscheidend für den Erfolg der BMW-Pläne für Elektrofahrzeuge, so schätzt das “Handelsblatt“ ein, sei auch ein Joint Venture mit der Wiesbadener SGL Carbon, die sich der großindustriellen Herstellung von Kohlefaserkomponenten für die Autoindustrie widmet. Das leichte, aber sehr stabile Material soll das hohe Gewicht der Batterien kompensieren und den Einsatz von Elektroautos wirtschaftlich machen.
Während Frankreich, die USA und China Förderungsprogramme für Elektrofahrzeuge angekündigten, halte sich die Bundesregierung bislang zurück, merkt das „Handelsblatt“ an und zitiert noch einmal BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger: „Wir brauchen Klarheit über die Förderung in Deutschland.“ (automobilreport.com/ar/wr)
|