Als Technikträger dient ein BMW 5er. Er ist mit umfassender Umfelderfassung und intelligenter Software ausgerüstet. Die hochautomatisierte Fahrfunktion kann der Fahrer auf der Autobahn durch einen Knopfdruck aktivieren. Ab diesem Zeitpunkt gibt der Forschungsprototyp von alleine Gas, er bremst selbstständig und er überholt langsamer fahrende Verkehrsteilnehmer. Dr. Nico Kämpchen, der Projektleiter Hochautomatisiertes Fahren bei der BMW Group Forschung und Technik hat mit seinen Kollegen mittlerweile annähernd 5000 Testkilometer absolviert.
Eine der großen Herausforderungen der ersten Stunde – nämlich auffahrende Fahrzeuge an Autobahnzufahrten – konnte über ein kooperatives Verhalten gelöst werden. Der Prototyp lässt Fahrzeuge, die auf die Autobahn auffahren möchten, einfädeln oder macht, wenn möglich, sogar die rechte Spur frei. Die Funktion ist derzeit bis zur Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h ausgelegt, berücksichtigt aber natürlich die gültigen Verkehrsregeln wie Tempolimits, Rechtsfahrgebot und Rechtsüberholverbot.
Damit sich das Forschungsfahrzeug im Straßenverkehr richtig verhält, sind die zuverlässige Eigenlokalisierung innerhalb der eigenen Spur sowie die Erkennung aller Fahrzeuge und Objekte in der unmittelbaren Umgebung unabdingbar. Erreicht wird dies durch das Zusammenspiel verschiedener Sensortechniken wie Lidar, Radar, Ultraschall und Kameraerfassung auf allen Fahrzeugseiten. Zur eindeutigen Situationserfassung in jede Richtung werden stets mindestens zwei unterschiedliche Messprinzipien genutzt. So stellen die BMW-Entwickler sicher, dass eventuelle Schwächen eines Sensors durch Stärken des anderen Sensors ausgeglichen werden.
Durch den Zugriff auf digitales Kartenmaterial, die Kamera sowie die Ortungsdaten des hochgenauen GPS weiß der selbstständig fahrende Forschungsprototyp nicht nur jederzeit, auf welcher Spur er sich befindet, sondern hat auch exakte Informationen darüber, wie die Strecke weiter verläuft und wie viele Spuren der Teil der Autobahn hat, der gerade befahren wird. Ergänzt wird diese Information durch die vorausblickende Kamera der Spurverlassenswarnung. Objekte nach vorne werden nicht nur über die Radarsensoren der Aktiven Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion, sondern zusätzlich über Laserscanner erkannt. Gleiches gilt nach hinten und zur Seite.
Die maßgeblichen technischen Voraussetzungen für das hochautomatisierte Fahren wurden in den Vorläufer-Projekten „BMW Track Trainer“ und Nothalteassistent entwickelt. Mithilfe des BMW Track Trainers ist es möglich, Rennstrecken in einem autonomen Fahrmodus zu bewältigen. Dabei kann aufgrund der hohen Genauigkeit bei der Lokalisierung neben dem sicheren auch ein dynamischer Fahrstil realisiert werden. Der Track Trainer wird aktuell beim BMW Fahrer-Training eingesetzt. Mit Hilfe einer Fusion der Daten aus hochgenauer digitaler Karte, sowie GPS- und Videodaten ist das System in der Lage, Rennstrecken für Schulungszwecke auf der Ideallinie komplett autonom zu umrunden. Das System erlaubte im Oktober 2009 die vollständige Umrundung der Nürburgring-Nordschleife im automatisierten Betrieb. Im Mai 2011 erfolgte auch auf dem Laguna Seca Raceway in Kalifornien eine schnelle, dynamische und hochautomatisierte Fahrt.
Das aktuelle Forschungsfahrzeug dient der Erprobung und Entwicklung zukünftiger Assistenzfunktionen. Beispiele sind die im BMW i3 Concept vorgestellten Park- und Stauassistenten. Der Parkassistent nimmt dem Fahrer den Einparkvorgang vollständig ab. Das Fahrzeug gibt selber Gas und bremst, und wechselt bei Bedarf beim mehrzügigen Einparken auch selbsttätig die Fahrtrichtung. Der Stauassistent dagegen entlastet den Fahrer in eintönigen Verkehrssituationen und erlaubt, im Verkehrsgeschehen „mitzuschwimmen“ und so entspannter durch den Stau zum Ziel zu kommen. Er hält den gewünschten Abstand zum Vorderfahrzeug und regelt im dichten Verkehr die Geschwindigkeit selbsttätig bis zum Stillstand – und lenkt dabei aktiv mit. ampnet
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