Mittwoch, 20. Juni 2012 BMW 640d: Großer Wurf
Foto: Auto-Reporter.NET
Wenn beim Betrachten eines Autos jeder Blick auf faszinierende Perfektion trifft, dann könnte das begehrliche Objekt ein BMW 6er Coupé sein, das sich als Gran Turismo präsentiert. Den Zweitürer prägen stilvoll interpretierte klassische Coupé-Konturen, und es sind auch Details, die Emotionen wecken. Es gibt eine ziemlich schlicht wirkende, jedoch übersichtliche Armaturentafel. Alles aber, was die rechte Fahrerhand erreichen und bedienen muss, erfährt dank griffiger Haptik umgehend Sympathie und auch Lob: Genau an der richtigen Stelle platziert! Der Wählhebel und der iDrive-Drehknopf, der raschen Zugang zu allem Wichtigen verschafft, liegen nicht „auf einer Achse“ hintereinander, sondern nebeneinander. Man greift intuitiv hin und „trifft“.
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Schon serienmäßig wartet das 2+2-sitzige Coupé mit einem umfänglichen Aufgebot verwöhnender Beigaben auf. Da ist das 8-Gang-Sportautomatik-Getriebe (Steptronic) mit elektronischem Gangwahlschalter und Schaltwippen am Lenkrad, es gibt Auto Start Stop (abschaltbar), Bremsenergierückgewinnung, wählbare Fahrmodi, eine geschwindigkeitsabhängige Anpassung der Lenkkraftunterstützung, elektrische Sitzverstellung und Sitzheizung, Multifunktionssportlenkrad, eine elektrisch verstellbare Lenksäule mit Memory-Funktion, Xenon-Licht, die automatische Aktivierung und Intervallsteuerung der Scheibenwischer oder einen Regensensor.
Zurück zum Testwagen. An seinem Heck prangte einigermaßen Unerwartetes: der Schriftzug „640d“. Ein heißblütiger Sportwagen mit Dieselmotor? – Daran müssen sich Autointeressenten wohl erst noch gewöhnen. Der Fakt: Ein BMW 6er Coupé kann auch mit einem 3.0-Liter-Twin-Turbo-Sechszylinder-Dieselaggregat zu Werke gehen und damit dem Sechszylinder-Benziner, ebenfalls als TwinPower Turbo operierend, durchaus Paroli bieten. Mit den 235kW/320PS eines 640i halten die 230 kW/313 PS eines 640d nahezu mit. Für die Dieseltraktion spricht, dass sie mit deutlich weniger Kraftstoff auskommt, im Schnitt (kombiniert) begnügt sich ein 640d laut offizieller Angaben mit 5,5 l/100 km, der 640i mit 7,6 Litern. Das gewaltige maximale Drehmoment des Dieselmotors beeindruckt nicht minder: 630 Newtonmeter! Der Benziner (640i) bringt es auf 450 Newtonmeter.
Dass unter der Fronthaube ein Selbstzünder arbeitet, gerät schon bald nach dem Motorstart absolut in Vergessenheit, weil von einer typischen Diesel-Geräuschkulisse so gut wie nichts zu hören ist. Beim Nachtanken offenbarte der 640d seine erwartete Spartugend. Der potente Sechszylinder begnügte sich bei gelassener Fortbewegung mit Geschwindigkeiten zwischen 70 und 100 km/h über Bundesstraßen mit sechs bis sieben Liter Kraftstoff. Ein Bild davon, wie wirksam die Sparmaßnahmen à la BMW EfficientDynamics sind, vermittelt die auf dem Kontrolldisplay abrufbare „Verbrauchshistorie“. An einem Einsatztag wurden als Durchschnittsverbrauch des Testwagens beispielsweise 8,0 l/100 km ausgewiesen. Im Sparmodus ECO PRO und bei betont verhaltener Fahrweise lässt sich auch schon mal die Sechsliter-Marke unterschreiten. Dürfen die 313 Pferde allerdings auf der Autobahn zeigen, was sie können, wandert der Kraftstoffverbrauch nach und nach in Richtung des zweistelligen Bereichs.
Es wäre nicht BMW, gäbe es das große BMW-Coupé nicht auch als 650i mit einem M-TwinPower-Turbo-8-Zylinder-Benzintreibsatz. In diesem Fall werden aus 4,4 Liter Hubraum 412 kW/560 PS und ein brachiales Drehmoment von 680 Newtonmetern gewonnen. Die Frage, ob man solche Power braucht, sollte gar nicht erst gestellt werden. Denn wo, bitte schön, fängt denn automobile Vernunft an, wo hört sie definitiv auf? – Solche Grenzziehungen basieren stets auf persönlicher Einstellung. Zutreffend ist das: An Motorleistung mangelt es letztlich keinem 6er-Coupé der Münchner, egal, welches Aggregat unter der Haube steckt. Und alle sind gleich schnell. Weil generell bei 250 km/h jeder weitere Tempoaufbau auf elektronischem Wege vereitelt wird.
Einmal mehr demonstriert das große BMW-Coupé, wie sich ein Auto mit Hinterradantrieb anfühlt. Je kraftvoller der Vorwärtsschub vom Heck aus erfolgt, desto spürbarer wird, wie willig eine von Antriebseinflüssen befreite Lenkung reagiert. Hinter dem neuen Begriff „Integral-Aktivlenkung“ verbirgt sich, dass die Lenkung geschwindigkeitsabhängig in geringem Maße von der „mitlenkenden“ Hinterachse unterstützt wird, woraus sich ein noch agileres Lenkverhalten ergibt.
Mit dem 640d tritt BMW zudem den überzeugenden Beweis an, dass ein aufgeladener moderner Turbodiesel durchaus das Zeug dazu hat, auch den Charakter eines Hightech-Sportwagen maßgeblich mit zu prägen. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)
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