Die Nische, die einst der 02 besetzte, wird heute durch die 2er-Reihe von BMW belegt - und das Spitzenmodell hört auf die Bezeichnung M2. Bisher wartete der M2 mit einem Drei-Liter-Sechszylinder namens N55 auf, der 370 PS leistete und auf dem regulären BMW-Motorenprogramm basiert. Jetzt legt die M GmbH in Garching noch einmal entscheidend nach: Unter der Haube des überarbeiteten Modells, das auf die Bezeichnung M2 Competition hört, steckt ab sofort der 410 PS starke Hochleistungsmotor S55, der direkt aus dem legendären M3 stammt und für den Einsatz im M2 nur leicht gedrosselt wurde.
Besaß der Vorgänger nur einen Turbolader, so kommen jetzt zwei Verdichter zum Einsatz. Der Motor reagiert damit deutlich spontaner, er dreht nochmals höher – und die 40 Mehr-PS sind deutlich spürbar. Der Spurt von null auf 100 km/h wird in nur 4,2 Sekunden absolviert, die Spitze liegt bei 250 km/h. Optional lässt sich die Abregelschwelle allerdings auf 280 km/h anheben – zehn km/h mehr als beim Vorläufer.
Die Beschleunigungsorgie wird untermalt von einem unnachahmlichen Klangbild, bei dem der turbinenartige Charakter des Reihen-Sechszylinders mit einer kräftigen Portion herber Aggressivität abgeschmeckt wurde. Der M2 Competition reißt brutal an und dreht sauber hoch bis in den roten Bereich. Der Wechsel zum S55-Motor hat sich gelohnt.
Der neue M2 ist nicht zuletzt dank zusätzlicher Verstrebungen sehr steif, er lenkt präzise in Kurven ein, die Grenzen der Haftung liegen extrem hoch. Doch sie lassen sich dank der hohen Motorleistung per Gaspedal locker durchbrechen, wobei der M2 einen gutmütigen Charakter aufweist. BMW verwendet eine Mischbereifung – 245/35 ZR 19 vorn, 265/35 ZR 19 hinten. Die Hinterachse entspricht weitgehend dem M3. Für ernsthafte Sportfahrer gibt es eine großzügig dimensionierte Sportbremse, die brutal zupackt und sehr hohe Reserven bietet.
Zur Glaubensfrage wird die Entscheidung über die Kraftübertragung. Hier stehen sich zwei Lager gegenüber: Einerseits gibt es Puristen, die das serienmäßige Sechsgang-Getriebe gerne selbst schalten, den direkten Durchgriff aufs Fahrzeug schätzen und das um 25 Kilogramm geringere Gewicht ins Treffen führen. Auf der anderen Seite stehen die Modernisten, die es vorziehen, die sieben Gänge des 3900 Euro teuren Doppelkupplungsgetriebes per Lenkradpaddel durchschnalzen zu lassen und auf die wegen der nahtlosen Schaltvorgänge nochmals besseren Beschleunigungswerte verweisen.
Es ist gut, dass BMW beides anbietet; um so ärgerlicher, dass beim manuellen Getriebe die Anschlussdrehzahlregelung, die laut Pressetext den „Schaltkomfort“ verbessert, nicht abgeschaltet werden kann, ohne gleichzeitig auf die Stabilitätskontrolle zu verzichten. Die Regelung verleidet dem Experten die Freude am selbständigen Zwischengasgeben und der bloße „Wow“-Effekt ist bei einem Sportgerät wie dem M2 gewiss deplaziert. Während sich das aufdringliche Gimmick nicht so einfach abschalten lässt, kann man immerhin eine Reihe anderer, durchaus unwichtigerer Fahrzeugcharakteristika, anpassen und die Knöpfe „M1“ und „M2“ im Sportlenkrad entsprechend belegen.
Das Interieur des M2 Competition profitiert von den perfekt passenden Sportsitzen und dem griffigen Lenkrad. Allerdings ist den Designern und Ingenieuren teilweise der Spieltrieb durchgegangen: Die beleuchteten „M2“-Logos in den Sitzlehnen der optionalen Sportsitze sind nicht geeignet, den puristischen Charakter dieses Zweitürers zu unterstreichen.
Doch der M2 Competition kann es sich leisten, seinen eigenen Stil zu pflegen, denn er hat kaum natürliche Wettbewerber. Audi RS 3 und der kommende Mercedes-AMG A45 basieren auf profanen Fronttrieblern, der Porsche Cayman wiederum bietet weniger Raumkomfort und weniger Nutzwert. Und keiner von ihnen wird von einer Sechs-Zylinder-Maschine angetrieben. Und so ist der M2, auch ohne spiegelverkehrten Schriftzug am Frontspoiler, heute die Sportlimousine schlechthin. (ampnet/jm)
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