Freitag, 12. Oktober 2018 BMW i8 Roadster: Kupferstich im Zukunftskleid
BMW i8 Roadster. Foto: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busse
Wenn ein Auto auch nach fünf Jahren noch immer aussieht wie ein Besucher aus der Zukunft, müssen die Designer wohl irgendetwas richtig gemacht haben. Beim BMW i8 kommt hinzu, dass der Hersteller Neuerungen, so wie jetzt beim Roadster, nur extrem sparsam dosiert vor dem Publikum ausbreitet. Ob der offene Zweisitzer auch Talente als Alltagsauto besitzt, klärt unser Praxistest.
Es ist gängige Praxis der Autoindustrie, für ihre neuen Produkte jeweils auch ein neues Lacksortiment zu mischen. Mit den vorher nicht bestellbaren Farbtönen wird das junge Modell vom Bekannten optisch abgegrenzt. Der Testwagen glänzte in einer „E-Copper“ genannten Metallic-Tönung, was auf der Straße als deutliches Signal auf das Antriebskonzept verstanden werden soll. Kupfer als ebenso traditionelles wie modernes Leitmaterial für elektrische Verbindungen symbolisiert das Versprechen: In diesem Sportwagen wird nicht ungehemmt fossiler Brennstoff verjubelt, hier wird Strom emissionsfrei in Vortrieb umgesetzt.
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Die kostspielige Karbon-Karosserie, das technisch aufwändige Hybrid-System, schwingenartige Flügeltüren und der – gemessen am Leistungsvermögen – niedrige Verbrauch verschaffen dem Exoten aus Leipzig eine Sonderstellung, der für gut betuchte Sportwagenfans eigentlich sehr reizvoll sein müsste. Dennoch erreichen konventionell angetriebene Boliden der Klasse um 370 PS ein Mehrfaches an Neuzulassungen. Natürlich kann man diese Motorleistung auch billiger als 155 000 Euro bekommen, angesichts der einzigartigen Technik-Komposition erscheint der Preis aber angemessen.
Es ist nicht zuletzt die Lade-Infrakstruktur in deutschen Landen, die das große Vergnügen am schadstofffreien Autofahren dämpft. Mit der richtigen Steckdose in der Nähe, könnte man bequem zum Sightseeing oder Shopping rollen, im Parkhaus den Stecker ziehen und mit gut gefülltem Akku die elektrische Fahrt fortsetzen. Das Navigationsgerät will helfen, denn Ladestationen sind dort hinterlegt. Nur hat die Landkarte noch zu viele weiße Flecken und das dämpft nach wie vor die Lust nicht nur auf diesen Elektro-Renner.
Am Straßenrand drehen sich die Köpfe, wenn die Flügeltüren des i8 hoch schwingen. Die breiten Schweller der Karbonzelle verlangen, dass man sich einen geänderten Bewegungsrhythmus zum Einsteigen aneignet als bei herkömmlichen Karosserien. Das verlangt Übung, ist aber schnell erlernt und man kann elegant in die Sitzschalen gleiten. Heraus zu kommen, ist schwieriger. Was die Insassen wahrnehmen, dürfte dem nahe kommen, was Leonard Nemoy alias „Mr. Spock“ am ersten Drehtag zu „Enterprise“ am Set vorfand. Das Cockpit-Styling ist nicht weniger aufregend als die Außenhülle, elegante Schwünge und lichte Abdeckungen, das Design der Anzeigen ändert sich je nach Fahrmodus: Blau für Comfort, Rot für Sport, weiß für Verbrauchs- und Reichweitenanzeige. Die Rekuperationsleistung lässt sich im Display ebenso live verfolgen wie der Kraftstoffdurchfluss.
Gut, dass es vertraute Elemente gibt wie den Getriebe-Wählhebel und den Dreh-Drück-Steller für die iDrive-Bedienung. Das Navi-System markiert in grünen Linien den Radius, der mit der aktuellen Batterieladung erreicht werden kann. Die elektrisch versenkbare Heckscheibe, die bei offenem Fahrbetrieb als Windschott fungiert, entpuppt sich bei Nachtfahrt als Störenfried.
Die Sitzschalen sind äußerst bequem, gut zu justieren und seitenstabil genug, um den Insassen auch bei rasanter Fahrt ein sicheres Gefühl zu geben. Für einen Roadster herrschen geradezu üppige Platzverhältnisse, was nicht zuletzt daher rührt, dass der Radstand des Wagens mit 2,80 Metern ungefähr so lang ist wie bei einem BMW x3. Der aber muss fünf Passagiere befördern können. Dort, wo beim Coupé die hinteren Sitzmulden sind, wird das Dach bei offenem Betrieb verstaut.
Dies sind die wichtigsten Elemente in der i8-Galaxis: E-Motor mit 105 kW und 250 Newtonmetern Drehmoment auf der Vorderachse, Dreizylinder-Benziner mit 231 PS (170 kW) und 320 Newtonmetern hinter der Passagierkabine, dazu ein Lithium-Ionen-Akku, der maximal 11,6 kWh elektrischer Energie speichert. Die Verteilung der Kraftquellen entspricht einer um 180 Grad gedrehten Anordnung im BMW 225xe Active Tourer. Zusammen mobilisiert das System 374 PS (275 kW) für maximalen Fahrspaß. Dass der so groß ist, liegt nicht zuletzt an dem vergleichweise geringen Gewicht. 1660 Kilogramm brachte der Testwagen auf die Waage.
Fazit: Der BMW i8-Roadster ist ein gelungener Versuch, die Ansprüche sportlichen Fahrens mit denen der Umweltverträglichkeit zu versöhnen. Spektakuläres Design, anspruchsvolle technische Lösungen und eine satte Portion Fahrspaß überblenden souverän eine Schwäche wie den praktisch nicht vorhandenen Gepäckraum. Den hohen Preis mit dem eingeschränkten Nutzen gegen zu rechnen, erscheint hier unangebracht, denn gerade im Sportwagen-Segment ist Exklusivität ein Wert an sich.
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