Es ist nicht so, dass die Farbe Grün verschwunden wäre. Doch beim neuen Continental GT3-R dient sie – in einer etwas giftigeren Mischung als üblich – als Akzentstreifen an der Außenhaut und im Interieur. Das 282 625 Euro teure und 426 kW / 580 PS starke Coupé versteht sich als Straßenversion der jüngst aufgelegten Rennwagen auf Basis des Continental. Da versteht sich von selbst, dass man dem jungen Aristokraten etwas ungezwungenere Umgangsformen zugesteht. Dazu zählt schon der optische Auftritt des Spitzensportlers. Dürheimers Wunsch an die Mannschaft: Das Flair des Rennwagens möglichst ungefiltert auf die straßentaugliche Kleinserie zu übertragen. Verantwortlich für die Umsetzung war Exterieur-Designchef David Hilton; er leitet heute das Designbüro Motorcity Europe in Köln. Unter seiner Ägide entstand ein Fahrzeug, das schon im Stillstand Respekt erheischt – nicht zuletzt mit gewaltigen 21-Zoll-Felgen auf Pirelli-275/35er-Reifen, aber auch mit zusätzlichen Luftauslässen, einem Diffusor und einem voluminösen Heckflügel aus Kohlefaser-Verbundstoff. So richtig beginnt die Show, wenn der kompakte, von der markeneigenen Motorsport-Abteilung einzeln aufgebaute 4,0-Liter-V8-Biturbo mit einem Schrei zum Leben erwacht. Dann emittiert die Titan-Auspuffanlage einen grollenden Bass, der sich über das Drehzahlband hinweg in einen Bariton von metallischer Härte verwandelt. Andere Verkehrsteilnehmer haben praktisch keine Chance, mitzuhalten – und das schließt seine Schwestermodelle ein, denn mit seiner kurzen Achse beschleunigt der GT3-R nochmals vehementer. So ist der Spurt auf 100 km/h in nicht einmal vier Sekunden erledigt. Oben heraus ist allerdings schon bei 273 km/h Schluss – Kehrseite der aggressiven Übersetzung. Die Acht-Gang-Automatik von ZF Friedrichshafen liefert übrigens nochmals kürzere Schaltzeiten. Das Fahrwerk ist mit der Leistungs-Orgie keineswegs überfordert. Das per Bremseingriff an der Hinterachse operierende Torque-Vectoring-System verleiht dem GT3-R in Kurven bisher ungekannte Agilität; zudem wurden die Federraten erhöht und die Buchsen sowie der Heckstabilisator versteift. Für Verzögerung sorgt eine gewaltige Keramik-Bremsanlage. Das Maßnahmenpaket sorgt dafür, dass sich das immerhin 2,2 Tonnen schwere Coupé mit geradezu unglaublicher Leichtfüßigkeit bewegen kann. Es ist Bentley gelungen, den GT3-R im Vergleich zum regulären Continental V8 um rund 100 Kilogramm zu erleichtern. Dazu beigetragen haben unter anderem die Leichtbau-Schmiedefelgen, die Titan-Auspuffanlage und das großzügige Weglassen überflüssiger Schalldämmung. Weitere Pfunde ließ das Coupé im Innenraum: Als Verkleidungsmaterial wurden großzügig Kohlefaser-Applikationen verbaut, und auf die Rücksitzanlage hat Bentley einfach verzichtet. Dafür sitzt man vorne umso besser. Die Sportsitze umschließen den Fahrer perfekt, die optimierten Schaltpaddles genügen endlich den Ansprüchen an die Marke, und die optische Umsetzung der sportlichen Philosophie ist so ungewöhnlich wie geschmackvoll. Nur gelegentlich knarzt es im Gebälk – eine Folge der Kohlefaser-Orgie, die an die Stelle weicht gepolsterter Leder-Applikationen getreten ist. Man nimmt sie bei diesem Rennwagen für die Straße gerne in Kauf. Nur 300 Exemplare wird Bentley vom Continental GT3-R bauen; ihr Status wird durch eine Plakette dokumentiert, die jedes Fahrzeug als „1 of 300“ identifiziert. Etliche von ihnen dürften in Sammlungen wandern – was eigentlich schade ist. Denn dem von Dürheimer gewünschten Imagewandel der Marke kann dieses Extrem-Coupé nur zuträglich sein. (ampnet/jm) Daten Bentley Continental GT3-R Länge x Breite x Höhe (m): 4,81 x 1,94 x 1,40 Radstand (m): 2,75 Motor: V8-Benziner, 3993 ccm, Biturbo, Direkteinspritzung Leistung: 426 kW / 580 PS bei 6000 U/min Max. Drehmoment: 700 Nm bei 1700 U/min Höchstgeschwindigkeit: 273 km/h Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 Sek. ECE-Durchschnittsverbrauch: 12,7 Liter
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