Dienstag, 14. Juli 2015 Audi R8 V10: Hohes Suchtpotenzial
Audi R8 V10 plus. Foto:Auto-Medienportal.Net/Audi
So lange es einen Markt dafür gibt, werden jene, die über das technische Know-how verfügen, sie bauen – da es sonst jemand anders tut. Nach rund 27 000 verkauften Exemplaren weltweit schien es den Verantwortlichen in Ingolstadt an der Zeit, ihre Mittelmotor-Ikone zu renovieren. Mit diversen Le-Mans-Siegen im Rücken sieht sich Audi bei den kommerziellen Sport-Boliden längst auf Augenhöhe mit Ferrari, Porsche, Lamborghini oder Aston Martin. Lamborghini kommt in dieser Aufzählung eine besondere Bedeutung zu, denn seit die italienische Marke eine 100-prozentige Tochter der Audi AG ist, haben beide Seiten enorm davon profitiert. Mit hochdrehenden, großvolumigen Motoren kennen die Italiener sich aus, Audi damit, wie man sie zuverlässig und standfest macht.
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In zwei Leistungsstufen bietet Audi das Coupé an, und zwar mit 397 kW / 540 PS und 449 kW / 610 PS. Die stärkere Version ist an dem Namenszusatz „plus“ zu erkennen. Der R8 V10 plus stellt nicht nur das stärkste, sondern auch das schnellste je unter den vier Ringen gebaute Serienautomobil dar. Für 330 km/h verbürgt sich der Hersteller. Wie dünn aber die Luft im 300er-Club ist, veranschaulicht der Vergleich mit dem Schwestermodell, dem man die Vorsilben „Basis-“ gar nicht recht anheften mag. Im Standardsprint unterliegt es um 0,2 Sekunden (gegenüber 3,2 Sekunden mit dem „plus“-Modell). Seine Endgeschwindigkeit liegt bei 323 km/h. Man muss also 70 PS mehr aufwenden, um sieben Stundenkilometer mehr heraus zu holen.
Für die zweite Generationen haben Audis Vertriebs-Strategen den asiatisch-pazifischen Raum stärker ins Visier. genommen Vor allem China wird noch ein großer Nachholbedarf an potenten Sportwagen zugetraut. Dass ein V10-Saugmotor genau das Richtige dafür ist, davon ist Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg überzeugt: „Unsere Kunden lieben das“, sagte er bei der Präsentation des R8 auf der Rennstrecke im portugiesischen Portimao. Und dass Audi sich jetzt gegen einen kleinervolumigen Motor mit Turboaufladung entschieden habe, „heißt ja nicht, dass wir nicht irgendwann noch etwas in Sachen Turbo tun könnten“. Eine Bestätigung mochte der Chefentwickler zwar noch nicht geben, aber es gilt als ausgemacht, dass der Vierliter-V8-Motor, den Audi für seinen A8 und den Bentley Continental konstruierte, später im R8 die Einstiegsversion darstellen soll. Die Motor-Getriebe-Einheit des R8 V10 ist ein Technik-Trumm beeindruckender Ausmaße, die neuerdings unter einer kreuzförmigen Verstrebung montiert ist (Lamborghini lässt grüßen!). Rund 330 Kilogramm wiegen der Zehnzylinder und das dahinter liegende Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe zusammen. Um so erstaunlicher, dass das Coupé mit einer Achslastverteilung von 48:52 Prozent aufwarten kann. Der Allradantrieb kann die Motorkraft beliebig zwischen den Achsen verteilen. Nötigenfalls ist der R8 auch als reiner Fronttriebler unterwegs – und als Fünfzylinder. Zur Zähmung seines immensen Verlangens nach Kraftstoff hat Audi eine Zylinderabschaltung spendiert, die eine komplette Zylinderbank stilllegen kann. So kommt ein offizieller Verbrauchswert von 12,3 Litern je 100 Kilometer zustande. Um das Fahrzeug noch bissiger zu machen, wurde die Karosserie-Steifigkeit erhöht. Kardantunnel und der hintere Teil der Fahrgastzelle sind aus Kohlefaser-Verbundstoff gefertigt, was nicht nur 36 Kilogramm leichter, sondern auch verwindungsfester ist als das bisher verwendete Aluminium. Die Sitzposition wurde abgesenkt, was dem Fahrzeug-Schwerpunkt noch näher an den Boden drückt und die Gangwechsel dauern nur noch 50 Millisekunden. So gewappnet umkurvt der R8-Testfahrer den Rennkurs mit einer Mischung aus Faszination und Respekt, denn natürlich gelten auch für einen Allrad-Athleten auf serienmäßigen 20-Zoll-Reifen die physikalischen Gesetze, die Haftungsgrenzen definieren. Quellen wiederkehrender Freude sind die explosive Kraftentfaltung (die schon im Komfort-Modus spürbar ist), der bärige Ansaug- und Verbrennungs-Sound sowie die messerscharf ansprechende Lenkung, die Präzisionsarbeit beim Anpeilen der Curbes ebenso leistet wie unmittelbare Rückmeldung gibt, wenn der Grip mal auszugehen droht. Das neu gestaltete Lenkrad ist ein Augenschmaus, der linke Fuß nutzt dankbar die überarbeitete Stütze neben den Pedalen. Beide Fußhebel sollte man zunächst vorsichtiger Zurückhaltung benutzen, denn die Bremse fasst sehr kurzwegig und knackig zu. Besser noch als auf limitierten Rennkurs-Runden ist der R8 V10 auf einsamen Bergstraßen zu erleben. Am Rande Europas findet sich so etwas leichter als in Deutschland, weshalb auch der Abschied von dem Platz hintern Lenkrad sein Gutes hat. Man(n) ist dem Suchtpotenzial dieser atemberaubenden Fahrmaschine nicht so lange ausgesetzt. (ampnet/ab)
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